Mit Akku oder Schlauch?

2024_05

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Den Feuerwehren steht heutzutage eine große Auswahl hydraulischer Rettungsgeräte zur Verfügung. Wir geben Tipps für die Beschaffung.

Die Einsatzkräfte öffnen mit einem Spreizer eine deformierte Fahrzeugtür, um einen Zugang zur verunfallten Person zu schaffen. (Foto: T. Roggensack)

Früher beschränkte sich die technische Rettung auf Fahrzeuge, aber inzwischen werden Ersthelfer in zahlreichen weiteren Kompetenzbereichen ausgebildet und viel höheren Erwartungen ausgesetzt. Wie gut, dass es Geräte und Systeme für viele Anwendungsbereiche gibt.

Umgebung

Dabei geht es nicht nur um die eingesetzten Geräte, sondern auch um ihre Umgebung. Hydraulische Rettungsgeräte werden in nahezu jeder Umgebung eingesetzt: Auf schneebedeckten Gipfeln in der Schweiz, unter Wasser in Hongkong, bei 50  °C Hitze im australischen Busch und natürlich auch in Großbritannien, wo es bekanntlich immer regnet. Ist es überhaupt möglich, ein Gerät und ein Betriebssystem auszuwählen, das alle Betriebsanforderungen erfüllt?

Schlauch versus Akku

In den letzten Jahren kreiste die Entscheidung zwischen dem Wechsel zu Akkugeräten und dem Festhalten an schlauchbasierten Systemen. Beide Systeme bringen die gewünschte Leistung, aber sie haben auch beide ihre ganz eigenen operativen Vorteile und Einschränkungen. Und die müssen bei der Bewertung von Rettungsgeräten vor dem Kauf berücksichtigt werden.

Akkugeräte: Vor- und Nachteile

Bei Akkugeräten kommt moderne Lithium-Ionen-Technik zum Einsatz. (Foto: Holmatro)

Die Geräte mit Akku sind sofort einsatzbereit, bieten ultimative Freiheit (ohne den angeschlossenen Schlauch), eine sicherere Arbeitsumgebung (kein Stolperrisiko) und saubere Luft (keine Abgase des Motorantriebs des Pumpenaggregats). Zum Einsatz kommen moderne Akkus mit Lithium-Ionen-Technologie, die über eine hervorragende Betriebskapazität verfügen. Wenn sie gerade nicht verwendet werden, sind akkubetriebene Geräte relativ leise. Es läuft kein Motoraggregat. So können sich die Einsatzkräfte besser auf die Rettung des Patienten konzentrieren. Andererseits verursachen diese Geräte beim Betrieb Lärm und dieser Lärm entsteht üblicherweise in der Nähe des zu rettenden Patienten. Die Geräte sind in aller Regel auch größer, was sich in einigen Fällen als hinderlich herausstellen kann. Aufgrund ihres autonomen Designs sind sie auch schwerer. Das bedeutet, dass sie eine größere Belastung für den bedienenden Trupp darstellen. Genau wie bei Geräten mit Schlauch können akkubetriebene Rettungsgeräte auch bei Hitze, Kälte und Regen eingesetzt werden. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass ein Einsatz unter Wasser nicht möglich ist. Auch wenn diese Art Einsatz selten vorkommt, wäre man am Einsatzort doch relativ stark eingeschränkt, wenn man vor Ort nur über akkubetriebene Rettungsgeräte verfügen würde.

Schlauchgeräte: Vor- und Nachteile

Gerätesysteme mit Schlauch und Pumpe gibt es seit fast 50 Jahren. Es handelt sich um eine bewährte Technologie, die seit vielen Generationen zentraler Bestandteil von Rettungseinsätzen ist. Die Technik hat nach wie vor ihre Daseinsberechtigung und ist auch immer noch weit verbreitet. Was sind dann die Vorteile von Schlauchgeräten im Vergleich zu den Geräten mit modernster Akkutechnologie? Zunächst die Gerätegeschwindigkeit. Da sie einen höheren Ölfluss erreichen, sind diese Geräte schneller. Geräte mit Schlauch und Pumpe sind zudem kleiner, leichter und ergonomischer. Sie sind demzufolge vom Bediener auch einfacher zu verwenden; insbesondere oberhalb oder unterhalb der Hüfte, was bei Rettungseinsätzen häufig der Fall ist.

Anders als bei Akkugeräten ist der Einsatz von Geräten mit Schlauch und Pumpe unter Wasser möglich, vorausgesetzt, die hydraulische Motorpumpe bleibt an Land. Trotzdem brauchen schlauchbasierte Systeme mehr Lagerraum, die Vorbereitung für den Einsatz dauert etwas länger und die Schlauchlänge stellt eine zusätzliche Einschränkung dar (weniger Bewegungsfreiheit). Daneben stellen die Schläuche ein Stolperrisiko für die Rettungskräfte dar. Und wenn die Geräte an eine Pumpe mit Verbrennungsmotor angeschlossen werden, entstehen natürlich auch gesundheitsgefährdende Abgase, die einen Einsatz im Gebäude oder unter der Erde (z.  B. im Treppenhaus zum Türöffnen oder in Garagen) einschränken. Dieser letzte Nachteil kann jedoch durch den Einsatz eines akkubetriebenen Gerätes vermieden werden.

Weitere Aspekte

Auch Rettungszylinder gibt es mit Akkus (Foto: Weber Rescue)

Der Einsatz unter beengten Platzverhältnissen kann sowohl für Geräte mit Schlauch als auch für akkubetriebene Geräte eine Herausforderung darstellen. Akkugeräte haben größere Abmessungen, aber auch ein Schlauch an der Rückseite des Gerätes kann die Einfuhrlänge einschränken.

Beide Systeme müssen gewartet und versorgt werden: Einerseits müssen die Akkus kontrolliert und aufgeladen werden, andererseits sind mehr Komponenten nach jedem Einsatz zu überprüfen (Gerät, Schlauch und Pumpe). Die jährlichen Wartungskosten für akkubetriebene Geräte sind niedriger als bei schlauchbetriebenen Geräten. Allerdings sind zusätzliche Kosten für den Austausch des Akkus im Laufe des Lebenszyklus akkubetriebener Geräte möglich. Das hängt insbesondere vom Geräteeinsatz und den Bedingungen für das Akkumanagement ab.

Fazit

Vor 25 Jahren stand Einsatzkräften nur ein sehr eingeschränktes Angebot von Rettungsgeräten zur Verfügung. Heutzutage fühlt man sich eher wie im Schlaraffenland. Die Hersteller haben so viele unterschiedliche Gerätevarianten auf den Markt gebracht, dass man wirklich die Qual der Wahl hat. Nicht nur im Hinblick auf das jeweilige Gerät, sondern auch hinsichtlich der Betriebsart.

Seit Jahrzehnten haben Feuerwehren ihre Ausrüstung anhand von Design, Einsatz, Vorteilen und Einschränkungen ausgesucht. Beim Vergleich von Geräten mit Schlauch und Pumpe mit akkubetriebenen Alternativen sollten die Beschaffenden aber nicht nur darauf achten, was die Geräte leisten können, sondern auch darauf, was sie nicht können. Wenn sie die Einschränkungen kennen, können sie auf Basis umfangreicher Informationen eine Entscheidung treffen.

Die große Frage unserer Zeit lautet also: akkubetrieben oder nicht? Die Antwort ist in jedem Fall nicht ganz einfach. Wenn sich eine Feuerwehr für eine Kombination beider Gerätetypen entscheiden kann, ist sie quasi auf alle Einsatzfälle vorbereitet und wird wahrscheinlich selten mit irgendwelchen Einschränkungen konfrontiert.

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