Brandstiftung (II)

2024_05

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Warum legen Menschen Feuer – was geht dabei in ihnen vor? Vor allem Berlin, Dresden, Leipzig oder Ulm waren in den letzten Monaten mit Meldungen über Serienbrandstifter in den Medien.

Foto: Holger Mücke

Im ersten Teil war der Autor der Geschichte des Phänomens „Brandstiftung“ auf der Spur. Vom Altertum über das Mittelalter bis in die Neuzeit verfolgte er bekannte und weniger bekannte Brandereignisse, nannte Namen von Brandstiftern und deckte, wo noch möglich, die Hintergründe auf. Materielle, kriminelle, religiöse und politische Motive wurden genau so beleuchtet wie die Rolle von Brandstiftungen und Feuerlegern in Dichtung und Kunst.

Mit dem „Feuer spielen“!

Was treibt einen solchen Menschen an? Will er den Ermittlern mit seinen Taten etwas sagen? – Brandstiftung ist und bleibt kriminologisch betrachtet ein interessantes Delikt. Es gibt kein anderes Vergehen oder Verbrechen, bei dem so viele Motive in Frage kommen, namentlich auch Motive, die die Psyche betreffen.
Das Individuum als Brandstifter hat entweder kriminelle Motive oder deviante Persönlichkeitsstörungen (Devianz – von den allgemeinen Normen und Wertvorstellungen abweichendes Verhalten). Die Typen des Brandstifters unterteilt die kriminalistische Lehre in Eigenbrandstifter, Fremdbrandstifter und Serienbrandstifter. Für die Brandkriminalität ist außerdem charakteristisch, dass sich neben den die Tat auslösenden Faktoren auch Umwelteinflüsse und in der Täterpersönlichkeit anlagebedingte Faktoren auf die Tat fördernd auswirken können.

Warum legen also Menschen Feuer – und was geht dabei in ihnen vor? In vielen Fällen liefern die Kriminologie und die forensische Psychiatrie dazu aufschlussreiche Erklärungen. So gibt es Versicherungsbrände, wo der Täter ein Gebäude zerstört, um an die Versicherungssumme zu gelangen. Oft werden Brände auch zur Vertuschung z. B. eines Mordes oder eines Diebstahls gelegt. Brandstiftungen werden jedoch auch zur Tötung eines anderen Menschen begangen. Gelegentlich gibt es aus ideologischen Gründen begangene Taten, so politisch motivierte Brandstiftungen (z. B. auf Asylantenheime) und terroristische Anschläge. Oft ist es doch nur der Wunsch, Grenzen zu sprengen und dabei sprichwörtlich mit dem Feuer zu spielen.

Biedermann und die Brandstifter“

Während sich die meisten Menschen sozialen Normen unterordnen und Verbote einhalten, neigen labile Persönlichkeiten durch Brandstiftungen dazu, kindliche Wünsche auszuleben und Grenzen zu übertreten.
In „Biedermann und die Brandstifter“ von Max Frisch kommt es aus Angst, ihr Opfer zu werden, zur Komplizenschaft zwischen dem bravem Bürger Biedermann und zwei Brandstiftern. Die Ereignisse im etwa 40 Kilometer südlich von Berlin gelegenen Dorf Dolgenbrodt des Jahres 1992 – ein Nazi wurde für die Brandstiftung am örtlichen Asylbewerberheim, das den Bewohnern ein Dorn im Auge war, bezahlt – zeigten, wie wirklichkeitsnah dieses Theaterstück noch heute ist.
Brandstiftungen dienen auch zur Einschüchterung, Erpressung oder um einen Mitbewerber zu schädigen. Emotionale Motive wie Hass, Revanche, Eifersucht, mangelnde Anerkennung, Demütigung und Unzufriedenheit sind ebenfalls oft Ausgangspunkt für derartige Handlungen. Und natürlich gibt es auch rational unverständliche Brandstiftungen, die u. a. als Folge von Alkoholismus und Drogenabhängigkeit auf geistige Verwirrung und Labilität zurückgehen. Indem der Brandstifter etwas zerstört, weist er auf seine innere Zerstörung hin.

Pyromanie und Persönlichkeitsstörungen

Brandstiftung kann Ausdruck eines schweren seelischen Schadens oder Teil einer komplexen Persönlichkeitsstörung sein. Brände können ebenso Folge eines Brandstiftungstriebs (Pyromanie) aus sexueller Perversion oder gar des Wunsches nach Selbstvernichtung sein. Die krankhafte Brandstiftung oder Pyromanie gehört zu den spektakulärsten, mitunter aber auch folgenschwersten seelischen Störungen. Leider gibt es über die Täter, ihre Wesensart, Herkunft und Motive nur wenig gesichertes Wissen, das aber bisher nicht allseits befriedigend und vor allem einheitlich klassifiziert werden konnte. In jeden Fall sind „Pyromanen“ kaum in der Lage, Krisensituationen angemessen zu begegnen. Einige Brandstifter hören sogar den Polizeifunk ab, um an die Brandorte zu fahren und den fremden Feuern zuzuschauen.
Für Sigmund Freud, dem Begründer der Tiefenpsychologie, besitzt das Feuer sogar eine sexuelle Symbolik. Aus Vandalismus und Langeweile werden Brandstiftungen oft von Jugendlichen begangen. Sie suchen, um der Isolation, der inneren Leere und Langeweile zu entfliehen, die reale Sensation und den Nervenkitzel.
Es ist klar, dass die unterschiedlichen Motive für die Bestrafung der Täter eine große Rolle spielen. Richter müssen versuchen, die Motivation eines Brandstifters soweit wie möglich zu verstehen, wenn sie mit einer angemessenen Strafe reagieren wollen. Unter Brandkriminalität werden in Abgrenzung zu allgemeinen Brandursachen alle vorsätzlichen Inbrandsetzungen gesetzlich geschützter Objekte (Brandstiftungen) sowie strafbare Gefährdungen durch das Unterlassen gebotenen sorgfältigen Handelns, das zum Brand führen kann, (Fahrlässigkeit) verstanden. Sowohl bei der vorsätzlichen Brandstiftung als auch bei der fahrlässigen Brandstiftung wird je nach Schwere der Tat zwischen Vergehen und Verbrechen unterschieden.

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