Trink- und Löschwasserversorgung

2024_05

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Problematik und Gefährdungen Feuerwehr als Trinkwasserverschmutzer

Vakuumbrecher:  auf einem Sammelstück A-3B nach DIN 14355 Bei einer Differenz zwischen Wasserabgabe durch die Feuerwehr und Leistungsvermögen des Trinkwassernetzes verhindert der Vakuumbrecher, dass sich der in der Pumpe aufbauende Unterdruck in die angeschlossenen Schlauchleitungen überträgt.

Nach Einsätzen der Feuerwehr liegt häufig auch eine Verschmutzung des Trinkwassers vor. Das reicht von der einfachen Braunwasserfärbung bis zur Gesundheitsgefahr durch das Zurückdrücken von Schaummittel ins Trinkwassernetz. Verunreinigungsgründe können u. a. aber auch eine Fehlbedienung am Standrohr, verschmutzte Schläuche in Verbindung mit Druckstößen sein. Die Möglichkeit durch Tankfüllarmaturen ausgelöste Druckstöße, Fahrzeugwassertanks ohne einen sogenannten „Freien Einlauf“ oder Fehlhandlungen – wie beispielsweise das Verbinden von Trinkwasser und Wasser aus offenem Ge-wässer am Sammelstück – sein.

Trinkwasserschutz beginnt schon beim richtigen Setzten eines Standrohres. Hier wird in der Regel der Fehler gemacht, das Standrohr mit geschlossenen Ventilen zu setzen und erst nach Öffnen des Hydranten einen Spülvorgang einzuleiten.
Wird der Hydrant bei geschlossenen Ventilen geöffnet, so befördert der dabei entstehende Druckstoß den gesamten Schmutz des Hydranten und des Rohres in das Trinkwassernetz – eine Ordnungswidrigkeit. Kommt es durch die Verkeimung/Verschmutzung zu Erkrankungen, wird daraus eine Straftat.
Mindestens ein Standrohrventil muss bereits beim Öffnen des Hydranten offen sein, dann ist der Trinkwasserschutz gewährleistet. Schon das bloße Verschmutzen einer Schlauchkupplung (beispielsweise mit Schlamm oder Schaummittel) und das spätere Verbinden mit einer Förderstrecke aus dem Trinkwassernetz, stellt den gleichen rechtlichen Sachverhalt dar.

In Deutschland übernimmt der DVGW Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V. – Technisch-Wissenschaftlicher Verein seit 1859 die Aufgabe als „Regelsetzer“ für die Gas- und Wasserversorgung. Der DVGW hat zum Schutz des Lebensmittels Trinkwasser bereits in den dreißiger Jahren des zwanzigsten Jahrhunderts umfangreiche Regelwerke erlassen und bis heute fortgeschrieben. Diese gelten selbstverständlich auch für die Feuerwehr, denn auch wir sind „Nutzer“/“Verbraucher“ wie jeder andere „Kunde“.

Eine Verbindung zwischen Trinkwasser und Nichttrinkwasser ist unter allen Umständen zu vermeiden. Häufig ist bei größeren Einsätzen mit hohem Wasserbedarf (beispielsweise in der Anfangsphase) zu beobachten, dass die Grundregeln „Hydrantenwasser“ nicht mit Wasser aus offenen Gewässern am Sammelstück zu vermischen, in der Hektik außer Acht gelassen wird. Ein Druckstoß und das Trinkwassernetz ist verkeimt. Dies ist nach Trinkwasserverordnung (eine Bundesverordnung) wiederum eine Ordnungswidrigkeit. Kommt jemand zu Schaden wird es zur Straftat: über „Infektionsschutzgesetz“ (ehemaliges Bundesseuchengesetz) und das „Lebensmittel- und Bedarfgegenständegesetz“.

Die Problematik der Druckstöße wurde und wird beispielsweise ausführlich an der Feuerwehr- und Katastrophenschutzschule Rheinland-Pfalz untersucht. Wird das Löschwasser (Nichttrinkwasser) aus dem Trinkwassernetz entnommen und mit Zusätzen (Beispiel Schaummittel) kontaminiert (versetzt), so ist ein ganz besonderes Augenmerk auf den Trinkwasserschutz zu legen. Hier ist die Gefahr am größten, wenn zwischen Hydrant und Pumpe hinzugemischt wird (Pumpenvormi-schung) und es im Einsatzverlauf zu einem Druckstoß im Fördersystem oder einem Druckabfall im Trinkwassernetz kommt. Trinkwasserverunreinigung und daraus resultierende Gesundheitsschäden sind in jüngster Vergangenheit bereits vorgekommen. Dies zuverlässig zu verhindern, ist dem Maschinisten nicht möglich. Hier müssen technische Lösungen greifen.

Der „Freie Einlauf
Die gesetzlich vorgeschriebene Trennung von Trinkwasser und Nichttrinkwasser der Gefährdungskategorie 5 kann nur über den sogenannten „Freien Einlauf“ gewährleistet werden. Ein „Freien Einlauf“ in den Wassertank eines Löschfahrzeuges wird realisiert, in dem zwischen der Wassereinspeisung und dem höchsten Füllstand – auch bei einem schwappenden Tank – noch mindestens 100 mm Luftfreiraum besteht.

Technische Lösungen in diesem Sinne gibt es bereits bei verschiedenen Fahrzeugherstellern. Da sich jedoch in der zugehörigen Fahrzeugnorm EN 1846-3:2008-11 keine Aussage findet, wie auch in den Vorgängernormen DIN 14530-1 (ab 1955), erfolgt die Fertigung bisher nur auf Anfrage und als Kunden-wunsch.

Löschwassertanks die keinen „Freien Einlauf“ ihrer Füllleitung(en) haben (direktes Einspeisen in den Wasservorrat), entsprechen nicht den gesetzlichen Vorschriften und anerkannten technischen Regeln auf dem Gebiet des Trinkwasserschutzes.

Bei Löschwasserentnahme aus dem Trinkwassernetz ist auch bei der Wasserförderung über lange Wegestrecke im „Freien Auslauf“ diese Trennung von 100 mm am ersten Übergabebecken notwendig, genauso wie bei einer provisorischen Behälterpufferung vor einem in Betrieb befindlichen Neben-schlussverfahren, als eine Form der Pumpenvormischung.

Mögliche Notlösungen
Momentan wird dieses, nach Erachten der Verfasser, nur durch Zwischenschalten einer weiteren Feuerlöschkreiselpumpe, ohne Tank-Betrieb-Möglichkeit (LF oder TS) gewährleistet. Hier bilden der Maschinist mit seiner Überwachung des Eingangsdrucks und das normative B-Druckventil nach DIN 14381 (Niederschraubventil mit Rückflussverhinderungsprinzip) einen provisorischen Sicherheitsbaustein.

Ein sogenannter Rückflussverhinderer mit Rohrbelüfter (RB/RB) bzw. im Feuerwehreinsatz als Schlauchbelüfter (SB) (siehe Trinkwasserversorgung und Löschwasserversorgung – Problematik und Gefährdungen Werkfoto Firma AWG Fittings GmbH), ist hier keineswegs als alleiniges Mittel statthaft und nicht ausreichend für die Absicherung des Trinkwassernetzes gegen Verunreinigungen.

Gemäß den Vorschriften ist eine Übergabestelle mit „Freien Einlauf“ generell vorgeschrieben. Hier sollte, im Interesse der Feuerwehren, zeitnah mit Hilfe des DVGW eine Regelung für technische Klarheit sorgen. Eine einfach und kurzfristig zu realisierende Maßnahme zum Schutz vor Trinkwasserverunreinigung wäre, alle Tätigkeiten mit Entnahme von Löschwasser aus dem Trinkwasserversorgungsnetz, unter Zwischenschalten des zuvor erwähnten RV/RB(SB) durchzuführen. Diese Sicherungsarmatur wirkt zwar nur gegen Rücksaugen in das Versorgungsnetz, ist also nicht ausreichend, wenn ein Gegendruck vorhanden ist oder entstehen kann. Jedoch sind diese beschriebenen Sofortmaßnahmen bzw. Problemlösungsvorschläge unter dem Gesichtspunkt „besser den Spatz in der Hand, als die Taube auf dem Dach“ zu sehen. [Auch hier muss mit dem DVGW noch eine praktikable Lösung erarbeitet werden.]

Hinweis: Da diese Armatur derzeit handelsüblich nur mit B-Eingangs- und C-Ausgangsquerschnitt (45 mm) erhältlich ist, wird es im Einsatzfall notwendig sein, mittels Sammelstück und Verteiler zwei RV/RB(SB) parallel zu betreiben.

Das im Juni 2010 erschienene DVGW-Arbeitsblatt 408 „Anschluss von Entnahmevorrichtungen an Hydranten in Trinkwasserverteilungsanlagen“ sagt im Abschnitt 5.2 „Die nach dem Standrohr verwendeten Geräte und Einrichtungen müssen so beschaffen sein, dass auch durch Fehlbedienung ein Rücksaugen/-drücken/-fließen von Löschwasser/-mitteln in das Trinkwasserrohrnetz ausgeschlossen ist.“

Neben dem Löschwassertankaufbau besteht in diesem Zusammenhang ein weiteres Problemfeld – die Tankfüllarmaturen. Sie werden in der Regel als Kugelhähne oder sogar Magnetventile ausgeführt. Beim schnellen Öffnen und Schließen entstehen ausreichend große Druckstöße, um einen Rückfluss ins Trinkwassernetz zu ermöglichen.

Ziel
Ziel aller Beteiligten muss künftig eine tatsächliche technische Trennung von Trinkwasser und Nichttrinkwasser sein, die den Sicherheitsanforderungen zum Schutz unseres wichtigsten Lebensmittels gerecht wird und den anerkannten Regeln der Technik – damit auch den gesetzlichen Vorgaben – entspricht. Schließlich möchte die Feuerwehr, besser auch die Träger der Feuerwehr, das „fast“ immer zur Verfügung stehende Löschmittel Trinkwasser weiterhin nutzen dürfen bzw. können.

Da das Thema Trinkwasserschutz eine immer größere Rolle spielt, wurde seitens der Fachkremien im DVGW-Arbeitsblatt W 408 außerdem unter Abschnitt 4.1 festgelegt, dass „die Feuerwehren regelmäßig zur möglichen Trinkwassergefährdung zu schulen sind“.

Fazit
Ein „weiter so“ durch dieFeuerwehren, darf es auf diesem Gebiet sicherlich nicht geben. Unwissenheit und fehlende Ausbildung ist hier mehr als ein bloßes Organisationsverschulden. Auch beim Fahrzeugaufbau, Löschwassertanks ohne „Freien Einlauf“ oder mit druckstoßfördernden Tankfüllarmaturen, schnell schließende oder schnell öffnende Kugelhahnarmaturen, muss es Veränderungen geben. Denn nicht selten sind Rohrbrüche von Trinkwasserversorgungsleitungen die Folge von mit positiven und/oder negativen Druckstößen/Druckschlägen.
Um Druckstöße z. B. durch das Betätigen der Tankfüllarmaturen zu vermeiden, könnten beispielsweise Kugelhähne mit Schließverzögerung (Getriebe) Verwendung finden, die ein entsprechend „sanftes“ Öffnen/Schließen ermöglichen.

Eine Sinnvolle Möglichkeit die Problematik aufzuarbeiten bzw. ein erster Schritt könnte hier sicherlich eine Beratung der Fachleute von DVGW, DFV, vfdb und der entsprechenden Normungsgremien/-ausschüsse sein.

Und noch „eine Falle“ lauert für die Feuerwehren: Oftmals wird die Feuerwehr zum Trinkwassertransport/-versorgung beim Ausfall der öffentlichen Wasserversorgung beauftragt. Unter den gesetzlichen Bestimmungen ist dieses in der Regel nicht möglich. Unter anderem sind die Löschfahrzeuge, Schläuche und Armaturen hinsichtlich der Materialien hierfür nicht konzipiert, geschweige denn in der zu beanspruchenden Sauberkeit für eine Trinkwasserversorgung. Es kann nur darum gehen, Lösungen für alle Beteiligten zu erarbeiten und für die vielen Feuerwehrleute die im Einsatz sind, Rechtssicherheit zu erlangen, denn diese Männer und Frauen tragen die große Last des Einsatzes und werden dann möglicherweise als “Dank“ zur Rechenschaft gezogen.
Als Beispiel sei hier nur der NEW-Fahrer mit Unfall bei der Einsatzfahrt mit der Inanspruchnahme der Sonder- und Wegerechte gem. TVO genannt.

F. Thieme

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