Freiwillige Feuerwehr Harber: Im Ort verwurzelt

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Im Gründungsjahr 1929 startete die FF Harber mit einer Handdruckspritze, die von 32 Personen bedient werden musste. Seitdem hat sich nicht nur technisch viel getan. Der Ort wuchs, die FF Harber wurde zur Stützpunktfeuerwehr. Die große Verbundenheit der Feuerwehr mit ihrer Gemeinde ist geblieben.


Erschienen in: FEUERWEHR Ausgabe 1-2/2022

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Seit Menschen zusammenleben, kämpfen sie gemeinsam gegen das Feuer. Bevor es Feuerwehren gab, bildeten sie eine Doppelreihe zum nächsten Gewässer oder Brunnen, jeder brachte einen ledernen Eimer mit und „durch der Hände lange Kette/ um die Wette/ flog der Eimer“, wie es Friedrich Schiller im „Lied von der Glocke“ schildert. In der Gemeinde Harber (Stadt Soltau, Heidekreis, NI) endete die Zeit der Eimerkette 1929 mit der Gründung der Freiwilligen Feuerwehr. Der Zusammenhalt der Einwohnenden und der Brandschützer blieb.

Vielseitig: Die FF Harber betreut mehrere Wohn- und Industriegebiete ebenso wie Bundesstraßen, einen Bahnstreckenabschnitt und einen Teil der Bundesautobahn A7. Foto: FF Harber

Großer Zusammenhalt

Gemeinde und Feuerwehr sind in Harber eng verbunden und die Menschen unterstützen ihre Feuerwehr taträftig. Sie halfen z. B. mit Räumen oder Unterstellmöglichkeiten für Fahrzeuge aus, etwa wenn es Umbauarbeiten am Gerätehaus gab. Umgekehrt ist die Feuerwehr eine feste Institution im Ort. Sie organisiert das jährliche Osterfeuer, den Feuerwehrball und zweijährlich das Dorffest. Hinzu kommt ein jährlicher Spieleabend, zu dem das gesamte Dorf eingeladen ist. Der Verein „Harber lebt“ veranstaltet gemeinsam mit der Jugendfeuerwehr an jedem dritten Advent einen Waldgottesdienst.

Die Gemeinde

Harber gehört seit der Eingemeindung 1974 zur Stadt Soltau und liegt östlich des Stadtgebiets in der Lüneburger Heide. Durch den Ort verlaufen die Bundesstraßen 71 und 209, zudem liegt die Ortschaft an der A7-Anschlussstelle Soltau-Ost. Zu Harber gehören die Weiler Abelbeck, Harber-Moor, Spiekerhof und Tiegen. Mit rund 1.300 Einwohnern und Einwohnerinnen ist es die größte Soltauer Ortschaft.

Die Gemeinde war bis ins 20. Jahrhundert landwirtschaftlich geprägt, heute gibt es nur noch zwei Vollerwerbshöfe. Mittlerweile entwickelten sich ausgedehnte Wohnsiedlungen und Industriegebiete. Rund 500 m vom Ortsrand entfernt verläuft die Bahnstrecke Bremen-Soltau-Uelzen als Teil der alten Amerikalinie. Am Bahnhof Harber halten seit den 1980er-Jahren nur die Museumseisenbahn „Ameisenbär“ und Güterzüge.

Vielfältiges Einsatzgebiet

Die Gemeinde ist in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Große Neubausiedlungen entstanden und die Einwohnerzahl verdoppelte sich nahezu. Dazu kommen große Industriegebiete. Das erste entstand etwa 1 km östlich des Ortes auf dem Gelände eines ehemaligen Reichsarbeitsdienstlagers von 1936, das nach dem Krieg erst ein Lager für Geflüchtete und später Harbers erstes Gewerbegebiet wurde. Es folgten zwei weitere Industriegebiete mit Unternehmen vom Automobilverkäufer bis zu einer der größten Backstraßen Deutschlands („Harry Brot“). Eine Besonderheit im Einsatzgebiet der Feuerwehr ist das 13.500 m² große Designer-Factory-Outlet-Center (DOC) mit über 60 Geschäften. Eine Reihe weiterer großer Unternehmen ist in der Gemeinde beheimatet, deren Werksanlagen bei Einsätzen herausfordernd sein können:

  • SLC (ehemals „Alli Frischdienst“): Eines der ersten großen Unternehmen aus den 1990er-Jahren. Rund 18 ha Betriebsgelände und 55.000 Palettenstellplätze, zudem gibt es auf dem Gelände einen Bahnanschluss zum Verladen von Überseecontainern und 40.000 m² Lagerfläche der Fa. Hornbach.
  • Deichmann betreibt in Harber das Zentrallager für den norddeutschen Raum.
  • Am Autohof Hoyer gibt es u. a. eine große Lkw-Tankstelle inklusive Gasanlage und Gastronomie.
  • Das Maschinenbau-Unternehmen Röders-Tec beschäftigt 375 Mitarbeitende.
  • Die Firma Schnellecke betreibt ein Logistikzentrum mit 45.000 m² Hallenfläche u. v. m.

Die FF Harber rückt auch in die Ortsteile Abelbeck, Tiegen, Oeningen, Moide und Willenbockel sowie auf den Truppenübungsplatz bei Abelbeck (in Begleitung der Bundeswehr) und zu zwei Campingplätzen aus.

Zeit der Weimarer Republik: Das Foto zeigt Aktive der Wehr im Jahr 1932. Foto: Archiv FF Harber

Die Feuerwehr entsteht

Die Geschichte der FF Harber hat der ehemalige Gemeinde- und spätere Ortsbrandmeister Armin Kühn in der „Chronik der Schule Harber“ festgehalten. Die Wehr wurde am 6. Mai 1929 als gemeinsame Feuerwehr der damals eigenständigen Gemeinden Harber, Oeningen und Moide gegründet. 28 Bürger fanden sich bereit, das Leben sowie das Hab und Gut ihrer Nächsten zu schützen. Die Gründungsversammlung erfolgte am 22. April 1929 in Webers Gasthaus in Harber. Dabei wurde Walter Brockmann zum Hauptmann gewählt. Der offizielle Gründungstag war dann der 6. Mai 1929, die Uniformen wurden am 3. Juli 1930 ausgegeben. Im Gründungsjahr besaß die FF Harber eine Handdruckspritze, die von 32 Personen bedient werden musste. Bereits im September 1929 erhielten die Kameraden eine Motorspritze mit einer Leistung von 600 l/min, dazu 240 m B- und 270 m C-Schläuche.

Die frühen Jahre

Das aktuelle Feuerwehrhaus entstand 1953/54, 25 Jahre nach der Gründung. Es wurde ab dem 4. Dezember 1974 um einen Gemeinschaftsraum erweitert, die nächste Vergrößerung kam 1989, als der Dachboden des Gerätehauses zum Gemeinschafts- und Schulungsraum ausgebaut wurde. Seit der Gebietsreform 1974 ist die FF Harber eine städtische Ortswehr der Stadt Soltau. Der Gemeindebrandmeister übt seine Tätigkeit seither als Ortsbrandmeister aus.

Die Anfänge: Mit dieser Motorspritze löschte die Wehr seit ihrem Gründungsjahr 1929. Foto: Archiv FF Harber

Kommunikationstechnik

Für die zeitgemäße Alarmierung wurde 1969 auf dem Dach des Feuerwehrmannes und Kaufmanns Heinrich Meyer die erste Feuersirene eingerichtet. Nach einem Jahrzehnt in Betrieb wurde sie 1979 durch eine Sirene mit zentraler Steuerung auf dem Gerätehaus ersetzt. Um auch mobil kommunizieren zu können, erhielt die Wehr 1972 vier Handsprechfunkgeräte und ein Jahr darauf wurde das LF 8 (Opel Blitz) um ein großes Bordfunkgerät erweitert. Ab 1978 nutzte die Wehr Funkmeldeempfänger – zunächst nur der OrtsBM, später auch die Einsatzkräfte. 2012 wurde auf digitale Einsatzalarmierung umgestellt.

Stützpunktfeuerwehr

Durch das stete städtische Wachstum gaben die acht Ortswehren und die Stadt Soltau im Jahr 2016 einen Feuerwehrbedarfsplan in Auftrag. Dabei stellte sich heraus, dass die Ortswehr Harber durch die Übernahme neuer Aufgaben zur Stützpunktwehr werden sollte, zu der sie bei der Jahreshauptversammlung am 1. Februar 2019 ernannt wurde. Damit bekamen die Floriansjünger mehr Verantwortung und ein größeres Einsatzgebiet. Es erweiterte sich um zwei Autobahnabschnitte, nicht zuletzt, da das Feuerwehrhaus nur 2 km von der Anschlussstelle Soltau-Ost entfernt liegt. Die Feuerwehrangehörigen rücken nun zwischen Soltau-Süd und Schneverdingen aus.

Entwicklung des Fuhrparks

Für die Brandbekämpfung wurde 1958 eine Tragkraftspritze TS 8 mit VW-Motor beschafft, während das erste Löschfahrzeug, ein LF 8 (Opel Blitz), erstmals 1961 auf den Hof rollte. Die Beschaffung leisteten die Gemeinden Harber, Oeningen und Moide gemeinsam. Im Januar 1979 erhielt die Feuerwehr ein Tanklöschfahrzeug (TLF) 8/18 W auf Unimog-Fahrgestell. Für die nächsten zwölf Jahre blieb dies der Fuhrpark der Brandschützer/-innen, bis 1991 ein gebrauchtes LF 8 von der Ortswehr Woltem übernommen wurde. Denn für den Opel Blitz gab es keine Ersatzteile mehr und die Verkehrstüchtigkeit war somit nicht mehr gewährleistet. Bereits 1998 erhielt die Wehr erneut ein neues (gebrauchtes) LF 8 aus dem Fuhrpark der Ortswehr Soltau.

Bald reichte das Gerätehaus nicht mehr aus, sodass es 2001 mit viel Eigenleistung der Feuerwehrangehörigen um eine Fahrzeughalle erweitert wurde. Das Gerätehaus bietet neben sanitären Anlagen, Umkleideräumen und dem Schulungsraum nun auch genug Platz für das TLF 8 bzw. TLF-W und das LF 8. Letzteres hatte vor dem Umbau aus Platzgründen in einer angemieteten Halle untergestellt werden müssen. Mit der Folge, dass bei einer Alarmierung ein Kamerad losfahren und das Fahrzeug zum Gerätehaus bringen musste. Zuletzt kam im Jahr 2014 noch eine Frauenumkleide dazu.

Der Fuhrpark wurde 2012 um ein weiteres, gebrauchtes LF 8-6 aus Soltau erweitert. Durch den Feuerwehrbedarfsplan und den Aufstieg zur Stützpunktfeuerwehr änderte sich die Fahrzeugaufstellung dann nochmals. Am 26. Januar 2020 erhielt die Wehr ein weiteres Neufahrzeug, ein HLF 10 mit Aufbau von Magirus. Es ersetzte das gebrauchte LF 8/6 aus Soltau. Auch das TLF 8/18 auf Unimog wird ersetzt: Momentan befindet sich ein TLF 3000 (Magirus) in der Beschaffung. Die geplante Auslieferung wäre eigentlich im Oktober 2021 erfolgt, verzögerte sich durch die Güterknappheit als Folge der Pandemie aber. Das Fahrzeug wird im Frühjahr 2022 geliefert und in einer kommenden Ausgabe von FEUERWEHR vorgestellt.

Vor dem Gerätehaus: Das HLF 10 erhielt die Freiwillige Feuerwehr Harber im Januar 2020. Foto: FF Harber

Die FF Harber heute

2022 leisten nunmehr 48 aktive Feuerwehrkameradinnen und -kameraden in zwei Gruppen ihren Dienst. Zusätzlich gibt es eine Jugendfeuerwehr, zu der 15 Mädchen und Jungen im Alter von 10 bis 16 Jahren gehören. Auch die JF hat einen großen Stellenwert im aktiven Dorfleben und leistet bei vielen Veranstaltungen ihren Beitrag für ein gutes Miteinander von Jung und Alt. Sie besteht seit 1986, als die Feuerwehren Harber und Hötzingen eine gemeinsame Jugendgruppe gründeten. Ihr gehörten damals 27 Jungen und ein Mädchen an.

In der Altersgruppe „alte Feuerwehrsäcke Harber“ engagieren sich elf Kameraden. Sie treffen sich (unter normalen Umständen) einmal im Monat und haben ihr Interesse am aktiven Feuerwehrgeschehen und der Jugendfeuerwehr nicht verloren. Gerade die JF unterstützen die „alten Feuerwehrsäcke“ auch tatkräftig bei Wettbewerben am Ort.

Frauen in der Feuerwehr

Die Geschichte der Kameradinnen begann, wie vielerorts, als Notwendigkeit infolge des Krieges. Da viele Männer zum Kriegsdienst eingezogen worden waren, hatte die Wehr 1943 nur noch 16 aktive Mitglieder, Ende 1945 waren es noch 14. Die Einsatzbereitschaft sollte 1944 durch die Bildung einer Jugendgruppe und 1945 durch die Gründung einer Helferinnengruppe aufrechterhalten werden. Dafür fanden sich elf junge Frauen zum Feuerwehrdienst bereit. Heute gehören Frauen selbstverständlich zur aktiven Truppe. Die erste Feuerwehrassistentin der Nachkriegszeit wurde 1993 aus der Jugendfeuerwehr in die aktive Mannschaft übernommen. Es handelt sich um das Mädchen, das der JF Harber seit ihrer Gründung angehörte. Ihr folgten 1995 zwei weitere Kameradinnen in die Einsatzabteilung, die ebenfalls aus der JF stammen. Aktuell sind fünf Frauen Teil der aktiven „Mannschaft“.

Wie geht es weiter?

Die Einsatzzahlen der FF Harber steigen stetig, wobei der Schnitt derzeit bei 30 Einsätzen im Jahr liegt. Da aktuell ein viertes Industriegebiet in Planung ist, dürfte noch einiges auf sie zukommen. Umso sehnsüchtiger warten die Kameradinnen und Kameraden auf ihr neues TLF 3000.

Besondere Einsätze

Ausgedehnter Moorbrand im Mai/Juni 1977

Um 10 Uhr schrillte am Pfingstsonntag, dem 29. Mai 1977, die Alarmsirene.
Entlang der Panzerringstraße in Abelbeck war ein Feuer ausgebrochen,
das sich durch starken Wind schnell ausbreitete. Bis zu
500 Kräfte verschiedener Feuerwehren, Soldaten und Hilfsdienste
bekämpften mehrere Tage das Feuer. Auch die Bundeswehr war mit
einem Bereitschaftszug
und drei Bergepanzern im Einsatz, ebenso
niederländische Streitkräfte mit zwei Einsatzzügen sowie das THW und
das Rote Kreuz. Erst am dritten Tag war das Feuer unter Kontrolle, die
Nachlöscharbeiten und Brandwache dauerten über eine Woche.

Wintereinsatz B 209, 30. Januar 2021

Am 29. Januar 2021 wurden die Feuerwehren Harber und Soltau alarmiert,
nachdem ein Lkw in einen Graben gerutscht und mit einem Baum
kollidiert war. Der Fahrer war glücklicherweise nicht eingeklemmt.
Wegen der großen Zahl an Unfällen waren im gesamten Heidekeis kaum
Abschleppunternehmen zu greifen, sodass schließlich in Absprache mit
der Polizei zwei Kameraden mit schweren Traktoren acht Lkw von der
Straße zogen, die wegen der Glätte nicht mehr ohne Hilfe von der Stelle
kamen. So wurde die Straße wieder befahrbar.

 

Elbhochwasser 2006

Es gehörte zu den stärksten Hochwassern der Elbe und überflutete einige
Städte wie das niedersächsische Hitzacker. Mit der Auslösung des Katastrophenalarms
im LK Lüchow-Dannenberg (NI) halfen auch Einsatzkräfte
aus dem LK Soltau-Fallingbostel. Rund 150 Feuerwehrleute aus
dem Kreis waren in Kapern, einem Ortsteil der Samtgemeinde Gartow, zur
Deichsicherung eingesetzt. Der Fluss Seege hatte sich durch rückstauendes
Wasser aus der Elbe in einen kilometerbreiten See verwandelt.

Waldbrand an der A7 am 21. Juli 2010

Der beschädigte Reifen eines Lkw löste den ersten größeren Waldbrand
im Sommer 2010 in der Lüneburger Heide aus. Ursache war der Funkenflug,
der zunächst auf einer Länge von 1 km Buschwerk am Fahrbahnrand
entzündete. Die Flammen erreichten schnell den angrenzenden
Wald. Fast 300 Einsatzkräfte brachten das Feuer in gut drei Stunden
unter Kontrolle und bekämpften bis zum Abend zahlreiche Glutnester im
Waldboden.

Lkw-Unfall auf der A7 am 14. April 2020

Ein Lkw-Fahrer übersah auf dem rechten Fahrstreifen der A7 in Fahrtrichtung
Hannover ein Stauende und fuhr nahezu ungebremst auf den vor
ihm stehenden Lastwagen auf, der auf einen weiteren Lkw geschoben
wurde. Der Unfallverursacher wurde lebensgefährlich, der Fahrer des
zweiten Lkw schwer verletzt. Die Feuerwehr befreite beide mit schwerem
Rettungsgerät. Es war der erste große TH-Einsatz der jungen Stützpunktfeuerwehr
auf der Autobahn. Die Einsatzleitung oblag dem BvD aus Soltau.
Das Fahrerhaus des hinteren Lkw war abgerissen und stand hochkant auf
der Autobahn. Vom mittleren Lkw war die Sattelplatte abgerissen, außerdem
hatte die Zugmaschine fast die Mittelleitplanke durchbrochen.

              

Karsten Brockmann, FF Harber; Sarah Altendorfer

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