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Fachkräftemangel im Rettungsdienst: Sorgen, Not und Auswege

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Das Hannoversches Notfallsymposium begeisterte mehr als 500 Besucher mit breitem Themenspektrum aus Notfallmedizin und Rettungsdienst.

19. Hannoversches Notfallsymposium (Foto: Johanniter Unfallhilfe)

Über 500 Teilnehmer aus dem gesamten Bundesgebiet besuchten am vergangenen Samstag, den 11. März 2017, das 19. Hannoversche Notfallsymposium an der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Die Fortbildungsveranstaltung für Notärzte und Fachleute aus Rettungsdienst, Notfallvorsorge und Intensivmedizin, die jährlich von der Johanniter-Akademie Bildungsinstitut Niedersachsen/Bremen in Kooperation mit den Kliniken für Anästhesiologie und Intensivmedizin und der Klinik für Unfallchirurgie organisiert wird, zeichnete sich erneut durch hochkarätige Referenten und ein breit gefächertes Programm aus aktuellen Themen und praxisnahen Workshops aus. Zusätzlich informierten etwa 40 Aussteller die Besucher über Produktneuheiten, Dienstleistungen oder Studiengänge.

Fachkräftemangel im Rettungsdienst

Schwerpunktthema des Hannoverschen Notfallsymposiums waren in diesem Jahr unter anderem der Fachkräftemangel im Rettungsdienst und Projekte, die einen Ausweg aufzeigen wie der sogenannte „Gemeinde-Notfallsanitäter“. Prof. Dr. Gordon Heringshausen von der Akkon-Hochschule für Humanwissenschaften in Berlin beleuchtete die aktuelle Lage im Rettungsdienst und warf einen Blick in die Zukunft: Im Jahr 2020 fehlen auf deutschen Rettungswachen rund 50 Prozent an qualifiziertem Personal, um das stetig steigende Einsatzaufkommen abzuarbeiten. Alarmierend sind heute bereits die Fehltage von Mitarbeitern im Rettungsdienst. Hohe Burn-out-Raten und Unzufriedenheit im Job prägen das Berufsfeld. Eine Blitzumfrage unter den Symposiumsteilnehmern bestätigte Heringshausens Ausführungen. Qualifizierung des eigenen Nachwuchs, Entwicklung von Führungskräften, Teilhabe an Entscheidungen wie Dienstplänen, Gesundheitsvorsorge, konkrete Bedarfserhebungen und schließlich den Mut, sich selbst zu verändern und sein Ego ab und an zurückzustellen, gab Heringshausen schließlich allen Entscheidungsträgern im Rettungsdienst mit auf den Weg.

Von der Gemeindeschwester zum Gemeinde-Notfallsanitäter

Einen alternativen Weg in Sachen Fachkräftemangel zeigte Michael Peter, Geschäftsführer des Rettungsdienstes Ammerland, auf. Seit Jahren steigen die Einsatzzahlen im Rettungsdienst kontinuierlich um etwa fünf Prozent jährlich an. Dabei handelt es sich in der Regel nicht um Steigerungen von Notfalleinsätzen, sondern von Hilfeersuchen jeder Art. Ein inflationärer Umgang mit der Ressource Rettungsdienst und eine ständige Personalbedarfserhöhung könne nicht die Lösung sein. Deshalb präsentierte Peter das Modelprojekt „Gemeinde-Notfallsanitäter“. Als eine Art First Responder kann dieser in Zusammenarbeit mit der Leitstelle erste Maßnahmen treffen bzw. einleiten, ob Termine beim Hausarzt vor Ort oder Anforderung eines Rettungswagens. „Dies könnte ein Konzept für die Zukunft des Rettungsdienstes sein und sollte schnellstmöglich umgesetzt werden, um die immer knapper werdenden Ressourcen im Bereich der präklinischen Gesundheitsversorgung zu schonen“, sagte Peter.

Verwundungen nach Terror- und Amoklagen

In zwei Vorträgen wurde das Thema „Damage Control“ betrachtet – einmal präklinisch von Dr. Björn Wegner, Oberstabsarzt am Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg, und einmal klinisch von Dr. Marcel Winkelmann, Arzt an der Klinik für Unfallchirurgie an der MHH. Gerade vor dem Hintergrund aktueller Terror- und Amoklagen war die Behandlung von Schuss- und Explosionsverletzungen ein wichtiger Inhalt der Fortbildungsveranstaltung. Weitere medizinische Vorträge betrachteten die Sepsis als unerkannte Gefahr, die Videolaryngoskopie sowie die NIV-Beatmung als optimale Methoden.

Mitreißende Vorträge

Als mitreißender Redner zeichnete sich wieder einmal Achim Hackstein, Leiter Kooperative Regionalleitstelle Nord, aus. Diesmal unterhielt er das Publikum mit seinen Ausführungen zum Crew Ressource Management (CRM) in der Leitstelle. Vor vier Jahren wurde in der Leitstelle Nord das aus der Luftfahrt bekannte Crew Ressource Management erfolgreich eingeführt und das ganze Team profitiert mittlerweile von den neuen Methoden. Unter anderem zeigen optische Warnsignale an den Arbeitsplätzen die persönliche Belastung – oder auch Überlastung – eines Kollegen an. Dadurch kann das Team reagieren und so können eventuelle Fehler eines Einzelnen vermieden werden.

Ebenso für Begeisterung beim Publikum sorgte der Vortrag „Kohle, Koks und Klapperschlangen“ von Dr. Andreas Schaper, einem der beiden Leiter des Giftinformationszentrum-Nord in Göttingen. Mit über 37.800 Beratungen im Jahr ist die zentrale Rufnummer auch allen Mitarbeitern im Rettungsdienst ein Begriff. Schaper lieferte einen teils amüsanten Überblick – von Eibenblättern bis zu Paracetamol.

Luft- und Seenotretter stellen sich vor

Zwei große Namen in Sachen Rettung – die DRF Luftrettung und die Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) – stellten sich in diesem Jahr ebenfalls auf dem Hannoverschen Notfallsymposium vor. Pilot Dirk Kugel erläuterte die Grenzen aber auch die Möglichkeiten der Luftrettung bei Nacht und Kapitän Udo Helge Fox präsentierte im Schnelldurchlauf die umfassende Arbeit der Seenotretter am Beispiel des Schiffsunglücks der „Lisco Gloria“ aus dem Jahr 2010.

Abschied nehmen

Abgerundet wurde das Vortragsprogramm durch interaktive Fallbeispiele nach dem Motto „Aus der Praxis für die Praxis“. Erstmals widmete sich Dr. Hans-Peter Reiffen, Landesarzt der Johanniter-Unfall-Hilfe e. V. in Niedersachsen und Bremen, in der TED-Abfrage einem bewegenden Beispiel aus der Praxis eines Notarztes. „Den letzten Weg gemeinsam gehen“ schilderte einen Einsatz bei einem todkranken neunjährigen Mädchen, das im Sterben lag – die Mutter auf den Vorgang des Sterbens von den Ärzten im Vorfeld aber nicht darauf vorbereitet wurde. Reiffen widmete als Notarzt für die Aufklärung wertvolle Zeit und half damit der eigentlichen Patientin – der Mutter.

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