Brandstiftung III

2024_05

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In den ersten beiden Folgen der Serie wurden die verschiedensten Motive, die zu einer Brandlegung führen können, aufgezeigt. Im letzten Beitrag wird die Brandstiftung durch Feuerwehrleute analysiert.

Foto: Holger Mücke

Die populär gewordenen Begriffe von der Pyromanie oder den Feuerteufeln sind in vielen Fällen irrelevant und sollten nur mit Zurückhaltung und differenzierten Erläuterungen verwendet werden. Das Böse ist jedoch immer und überall – dazu gehören die Brandstiftungen durch Angehörige der Freiwilligen Feuerwehren. Der Schock sitzt dann sehr tief, wenn es einen Brandstifter in den eigenen Reihen gibt. Groß ist die Erleichterung, wenn der oder die Täter gefasst werden. Auf der anderen Seite ist es jedoch eine Katastrophe für das Ansehen der betroffenen Freiwilligen Feuerwehr.

Viele der Feuerwehrleute und Führungskräfte stellen sich dann die Fragen: Wie sind solche Taten motiviert? Ist es brennende Leidenschaft, wenn Feuerwehrmänner zündeln? Neigen Angehörige der Feuerwehr mehr als andere Personen zur Brandstiftung? Es ist jedoch erstaunlich, dass es bislang zu dem Phänomen Brandstiftung durch Angehörige der Feuerwehr noch keinerlei umfassende wissenschaftliche Untersuchungen in Deutschland gibt (Anfänge dazu, siehe Brennpunkt S. 6 im Heft 7-8/2007).

Medien verzerren das Bild

Die gute Nachricht zuerst: Der Anteil von Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehr unter den Brandstiftern ist weit geringer als es laut Medien den Anschein hat. Für die ist der Mann, der einen Hund beißt weitaus interessanter als ein Hund, der einen Mann beißt. Dies gilt eben auch für Lehrer und Priester als Kinderschänder oder als Sammler von Kinderpornografie, Patienten mordendes Pflegepersonal, Mütter, die ihre Kinder aussetzen oder ermorden, Polizisten als Bankräuber und eben Feuerwehrmänner als Brandstifter. Gerade der Altruismus in diesen Berufen sowie die öffentliche Anerkennung sind es, die Nachrichten über das Fehlverhalten einzelner aus diesen Gruppen für die Medienmacher publizistisch so wichtig machen.

„Schwarze Schafe“ sind jedoch nicht völlig auszuschließen. Die Tatsache wird bei den vielen Feuerwehren in Deutschland immer noch fälschlicherweise weitgehend tabuisiert. Mahnende Stimmen wie die des stellvertretenden Verbandsvorsitzenden des LFV Mecklenburg-Vorpommern Dietmar Zgaga wurden nicht selten kritisiert oder gar als „Nestbeschmutzer“ abgetan. Aber was können die Feuerwehren tun, um potenzielle Brandstifter in den eigenen Reihen rechtzeitig zu erkennen?

Suche nach sozialer Anerkennung als Motiv?

Vorsätzlich durch Feuerwehrleute gelegte Brände sind schwierig aufzuklären. Neben den kriminellen und psycho- oder soziopathisch einzuordnenden Tätertypen sind dies meist Menschen mit Minderwertigkeitsgefühlen, die aus einem sozialen Drang heraus handeln. Für sie ist das Feuer nur Mittel zum Zweck, um sich zu profilieren und um gesellschaftliche Anerkennung zu erhalten. Dies bestätigt auch eine Computerdatei zu Serienbrandstiftungen beim Landeskriminalamt (LKA) Brandenburg. Diese Datenbasis mit Täterprofilen von Brandstiftern wurde in mehrjähriger Zusammenarbeit des LKA mit der Fachhochschule der Polizei des Landes Brandenburg erarbeitet. Sie ist ein Hilfsmittel, um die oft sehr aufwendige und langwierige Ermittlungsarbeit der Polizeibeamten zu erleichtern. Brandserien sind damit aber nicht zu verhindern.
Auffällig waren in einer Untersuchung anhand der Datei, dass geringe Durchschnittsalter der Feuerwehrleute von 19,7 Jahren und der sehr hohe Anteil von Mehrfachbrandstiftungen. Zur Geltungssucht kommen sehr oft noch andere Motive. Viele dieser jungen Täter kommen mit dem Leben nicht klar, sie haben oft keinen Beruf erlernt oder den Beruf verloren. Auch sind Probleme mit der Freundin nicht selten und immer wieder kommen Alkoholprobleme dazu. Es ist also nicht verwunderlich, wenn diese junge Menschen, die sonst kaum von jemand beachtet werden, Aufnahme in dem Kreis zu finden suchen, der für sie eine Art von gesellschaftlicher Oberschicht bedeutet!

Bei jeder dörflichen Feier bilden Feuerwehrleute Spalier oder sind Teil der Ehrenwache. Bei großen Festlichkeiten, Umzügen, Prozessionen und Beerdigungen ist die Feuerwehr von alters her die würdige Umrahmung und sorgt bei Jung und Alt für Ordnung. Wenn die Sirene ertönt, die Feuerwehrfahrzeuge mit Blaulicht zur Einsatzstelle rasen und der erste am Feuerwehrhaus oder auf der Brandstelle als der Tüchtigste bewundert wird, dann müssen gerade die, die an Missachtung oder Nichtbeachtung leiden, das freudige Gefühl des zuerkannten neuen gesellschaftlichen Ansehens mehr als genießen.
Löschen, um ein Held zu sein! – Es mag ein kleiner, enger Ehrgeiz sein, doch für bestimmte Menschentypen ist es ein starkes Motiv, die Dorfgemeinschaft „zu erobern“. Aus dem „Löschen, um ein Held zu sein!“, führt der Weg dann nicht selten in die Brandstiftung. Ist es also die Feuerwehr selbst, die ihre Mitglieder zu Brandstiftern macht?

Die Freiwillige Feuerwehr des Dorfes ist soziologisch eine ganz besondere Gruppe im ländlichen Bereich. Innerhalb der Struktur, die nicht selten überaltert ist, baut sich, zumeist aus Jüngeren bestehend, eine andere Art Elite auf. Das Engagement in der Feuerwehr wird als ehrenvoll und der Gesamtheit nützlich anerkannt. Aber auch soziale Unterschiede werden überbrückt. Der Eindruck des entschlossenen und geschlossenen Verbandes und die Ausstrahlung einer Uniform erhöhen das Ansehen, das einer staatlichen Behörde angenähert wird. Die Gefahr, der sie zu trotzen bereit sind, sorgt für den Respekt der Kinder und die Zuneigung der Frauen.

Es kann bedenklich stimmen, dass anders als bei der Auswahl zur Mitgliedschaft in Sport-, Schach- oder anderen Vereinen, bei den Feuerwehren hauptsächlich die körperliche Eignung z. B. als Atemschutzgeräteträger zählt, der „Geisteszustand“ jedoch übersehen wird.

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