Bedrohung für Radfahrer: „Dooring“-Unfälle
Mehr aktuelle Beiträge und Einsatzberichte finden Sie in:
FEUERWEHR | RETTEN – LÖSCHEN – BERGEN
Deutschlands große Feuerwehrzeitschrift
JETZT LESER/-IN WERDEN
Der Tod der beliebten Schauspielerin Wanda Perdelwitz erregte bundesweit Anteilnahme. Die nur 41 Jahre alte Darstellerin, die in der TV-Serie „Großstadtrevier“ die Hamburger Polizistin Nina Sieverking verkörperte, erlag Anfang Oktober 2025 ihren schweren Verletzungen nach einem sogenannten „Dooring“-Unfall.

Unvorsichtiges Handeln
Als der Insasse eines Kleintransporters die Beifahrertür öffnete, ohne auf den Radweg zu achten, der sich rechts neben dem Fahrzeug befand, kam es zu dem Unfall. Wanda Perdelwitz fuhr gegen die Transportertür und stürzte. Sie wurde schwerverletzt in ein Krankenhaus gebracht, wo sie wenig später verstarb. Gegen den Beifahrer wird nun wegen fahrlässiger Tötung ermittelt.


Besondere Gefährdung für Radfahrer/-innen
Da eine prominente Person das Opfer war, löste der Unfall auch in der Öffentlichkeit eine Diskussion um sogenannte „Dooring“-Unfälle aus. Fachleute bezeichnen mit diesem Begriff Unfälle, bei denen Fahrradfahrer/-innen auf eine plötzlich geöffnete Fahrzeugtür aufprallen. Der ADFC weist darauf hin, dass Dooring-Unfälle eine besondere Gefährdung für Fahrradfahrerinnen und -fahrer darstellen.
In § 14 StVO heißt es: „Wer ein- oder aussteigt, muss sich so verhalten, dass eine Gefährdung anderer am Verkehr Teilnehmenden ausgeschlossen ist.“ Doch kaum jemand achtet im Alltag auf diese Vorschrift – andernfalls würden nicht 18 % aller Unfälle mit Fahrrädern (und damit die häufigste Unfallursache in diesem Bereich) Dooring-Unfälle sein. Weil der Radverkehr in Innenstädten auf der Fahrbahn stattfindet, ist die Zahl hier sogar noch deutlich höher und liegt bei 41 %, wie die Unfallforschung der Versicherungen (UDV) berichtet.
Erschreckende Umfrageergebnisse
Auch eine Erhebung des Deutschen Verkehrssicherheitsrats (DVR) muss alarmieren: Mehr als jeder zehnte Autofahrer achtet vor dem Öffnen einer Fahrzeugtür nicht auf sich von hinten nähernden Radverkehr. Dies ergab eine Umfrage, die das Institut Forsa bereits 2019 im Auftrag des DVR und mit Unterstützung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) sowie des damaligen Bundesverkehrsministeriums (BMVI) durchgeführt hatte. 16 % der darin Befragten gaben offen zu, so gut wie nie den Schulterblick auszuführen, um den Radverkehr in den Blick zu nehmen. Schlimmer noch: 7 % nutzten dafür nicht einmal den Spiegel.
Der ADFC Berlin gibt an, dass täglich durchschnittlich knapp zwei Unfälle in der Bundeshauptstadt polizeilich registriert werden, bei denen Radfahrer/-innen aufgrund einer plötzlich geöffneten Autotür stürzen. Häufig kommt es dabei zu schweren Verletzungen.
Ratschläge zur Unfallvermeidung
Der Rat der Interessenvertretung lautet daher, mindestens einen Sicherheitsabstand von 1 m, besser von 1,5 m zu haltenden oder parkenden Kfz einzuhalten. Der Verband weist ergänzend auch darauf hin, dass das Rechtsfahrgebot der StVO zwar auch für Radfahrende gilt, aber nicht bedeutet, diese müssten so weit rechts fahren, dass sie sich in Gefahr brächten. Der ADFC gibt als Faustregel für Radlerinnen und Radler an, dort auf der Fahrbahn zu fahren, wo ansonsten die rechten Räder der Kraftfahrzeuge ihre Spur haben.

Auch für Autofahrer/-innen hat der ADFC eine Empfehlung: Damit es nicht zu Dooring-Unfällen kommt, sollten diese den sogenannten „holländischen Griff“ anwenden, also die Fahrertür stets nur mit der rechten und die Beifahrertür stets nur mit der linken Hand öffnen. So entsteht automatisch eine Drehbewegung des Körpers und man wird zum Schulterblick quasi gezwungen. Sich diesen „holländischen Griff“ anzugewöhnen, könne im Zweifel Leben retten, wie häufig von Verkehrssicherheitsexperten hervorgehoben wird. Sie betonen außerdem, dass die Fahrzeugführer auch ihre Mitfahrenden zum „holländischen Griff“ anhalten und sich außerdem selbst vergewissern sollten, dass diese keine Türöffnungsunfälle verursachen. Dazu sollten sie den Schwenkbereich ihrer Wagentüren auf beiden Seiten im Blick behalten.
Der ADFC plädiert für spezielle Stopp-Systeme in Fahrzeugtüren, die die Öffnung kurz vor oder während der Vorbeifahrt eines Fahrrades verhindern. Auch so könne Dooring-Unfällen vorgebeugt werden.
Diskussion um Helmpflicht für Radfahrer
Im Falle der tödlich verunglückten Wanda Perdelwitz war es offenbar so, dass das Opfer keinen Fahrradhelm trug. In der aus diesem Grund neu entflammten Diskussion um die Einführung einer Helmpflicht gibt es Stimmen, die den wirksamen Schutz durch einen Helm infrage stellen. Das ist schwer verständlich, denn bei Fahrradunfällen kommt es häufig zu Kopfverletzungen. Die Deutsche Gesellschaft für Unfallchirurgie (DGU) rät Radfahrenden daher, grundsätzlich immer einen Helm zu tragen. Laut DGU ließen sich dadurch 60–70 % der tödlichen Hirnverletzungen verhindern. Aus demselben Grund empfiehlt auch der ADAC ganz ausdrücklich das Tragen eines Fahrradhelmes. Er erklärt, warum Kopf- und Hirnverletzungen auf diese Weise deutlich weniger schwer ausfielen: Mit Helm trifft die Aufprallkraft auf eine viel größere Fläche, idealerweise auf die gesamte Helmauflagefläche. Sie kommt damit mit viel geringerem Druck zur Wirkung, als wenn sie konzentriert auf die kleine Fläche des Kopfes treffen würde. Crashtests und Unfallforschung des ADAC kommen zu dem Ergebnis, „dass ein Helm beim Sturz effektiv vor vielen Kopfverletzungen schützen kann.“

ADFC in der Frage „Helmpflicht“ neutral
In dem schon seit längerer Zeit geführten heftigen Streit um die Helmpflicht sollte aber auch nicht verschwiegen werden, dass der ADFC dazu eine neutrale Haltung einnimmt. So heißt es z. B. beim ADFC Köln: „Ein Fahrradhelm kann sicherlich in bestimmten Fällen einigen Verletzungen, Schürfwunden oder Prellungen vorbeugen, aber ist nicht wirklich dafür ausgelegt, beispielsweise bei einem Autounfall wirksam zu sein.“ Man plädiert hier für die individuelle Entscheidung der Radfahrenden, die selber einschätzen sollten, für wie hoch sie ihre persönliche Gefahr halten, und verweist auch darauf, dass für Fußgänger das Risiko einer schweren Kopfverletzung sogar geringfügig höher sei als für Radfahrer.

Infrastruktur muss verbessert werden
Der ADFC legt deutlich mehr Gewicht auf die Frage nach der Infrastruktur: mehr Platz für Radfahrer wie Fußgänger sei dringend vonnöten. Außerdem verweist die Interessenvertretung darauf, wie wichtig eine vorausschauende und umsichtige Fahrweise aller Verkehrsteilnehmenden sei. Besonders die Kommunen seien hier gefordert. Sie sollten nicht den Verkehrsfluss des Autoverkehrs an die erste Stelle setzen, sondern vielmehr die Sicherheit aller am Straßenverkehr Teilnehmenden.
Red.
Quellen: Goslar Institut, Studiengesellschaft für verbrauchergerechtes Versichern e.V.; Wikipedia
Mehr Infos
Sie wollen regelmäßig aktuelle Einsatzberichte, Techniknews und Fahrzeuginfos der FEUERWEHR erhalten? Dann melden Sie sich jetzt für unseren kostenlosen E-Mail-Newsletter an!

