Symposium des WFV-D in Berlin

2024_05

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Partnerschaften sichern die Zukunft

Foto: WF Gendorf

Werkfeuerwehren übernehmen gemeinsam mit ihrem Unternehmen – oft sogar als vorbildhafte Instanz – intern und extern gesamtgesellschaftliche Verantwortung. Dies wurde auf dem Symposium „Partnerschaften sichern die Zukunft“ am Anfang des Jahres in Berlin besonders deutlich.
Doch um dieser Aufgabegerecht zu werden, bedarf es partnerschaftlicher Hilfe und Unterstützung. Und das gilt auch, wenn die deutschen Werkfeuerwehren sich im internationalen Wettbewerb als beispielgebend behaupten wollen. Die zentrale Frage lautete: „Wie lässt sich durch die Einbindung von Werkfeuerwehren die Gefahrenabwehr in Deutschland verbessern?“. Um hierzu ein umfassendes Meinungsbild einzufangen, kamen hochkarätige Fachreferenten zu Wort. Aus den Vorträgen wurde deutlich, dass es weitere Absprachen neben den schon vorhandenen Vereinbarungen zur Zusammenarbeit geben sollte.

Definition und Abgrenzung

Die einleitenden Worte sprach Detlef Raphael, Beigeordneter des Deutschen Städtetages und zugleich des Städtetages NRW. Er ist auch für den Brand- und Katastrophenschutz zuständig. Statt des Begriffs „Public Private Partnership (PPP)“ hätte er sich lieber die Begriffe „Kooperationen/Zusammenarbeit“ in der Überschrift zum Symposium gewünscht, da dies den Sachverhalt besser darstelle als der Begriff „PPP“. Mit diesem werde bei den Kommunen nicht immer etwas Positives verbunden. (siehe Infokasten).
Raphael verwies in seinen weiteren Ausführungen auf die großen Herausforderungen für die Kommunen. Er ging auf die teilweise sehr schwierige Finanzsituationen von Städten und Gemeinden ein. Einigen ginge es gut, viele andere lebten mit einem „Nothaushalt“ und müssten dringende Investitionen – zum Beispiel im Bereich der Infrastruktur – vor sich herschieben. Der „Infrastrukturstau“ belaufe sich nach Berechnungen der KfW bundesweit auf rund 128 Mrd. Euro. Die Erfordernisse, Infrastruktur und Dienstleistungen anzupassen, ergäben sich auch aus dem demografischen Wandel und dem Klimawandel mit erheblichen Folgen auch für den Brand- und Katastrophenschutz. Dieser erfährt in den Kommunen trotz der Sparzwänge immer noch hohe Unterstützung. Als Beispiel für eine gelungene langfristige Zusammenarbeit nannte er TUIS, das Transport-Unfall-Informations- und Hilfeleistungssystem der chemischen Industrie. Zugleich forderte er dazu auf, die Qualität der Werkfeuerwehren zu sichern.

Internationaler Kontext

Es folgte ein Beitrag von Rolf Haselhorst zu den Erwartungen und Anforderungen an die Werkfeuerwehren aus Sicht der Arbeitgeber, der von Raimund Bücher vorgetragen wurde. Dabei wurde aus dem internationalen Vergleich des Brandschutzes eines deutlich: In Europa werden besonders viele Werkfeuerwehren vorgehalten. Im Rest der Welt verlässt man sich – bei einem ähnlichen Risikopotenzial der Produktion – viel mehr auf automatisierte Löschtechniken wie Sprinkleranlagen oder den Einsatz von kommunalen Feuerwehren. Als Beispiel für eine andere Vorgehensweise wurde ein Chemiestandort in China beschrieben. In Caojing gibt es auf einem riesigen 37 km2 großes Gelände eine Ansammlung von Chemieunternehmen. Die Werkfeuerwehr dort ist 250 Mann stark, aber mit deutschen bzw. europäischen Werkfeuerwehren nicht zu vergleichen. Sie besteht aus abgeordneten Militärangehörigen, die dort zwei Jahre „dienen“. Das Fachwissen geht also regelmäßig wieder verloren. Es ist dort schwierig, eine kontinuierlich hochwertige Arbeit zu leisten. Der Vortrag leitete aus dem Vergleich ab, dass neben den „Basics“ wie Sicherheit, Erfüllung gesetzlicher Vorgaben und Schutz der Firmenreputation für Werkfeuerwehren aus dem internationalen Vergleich auch Effektivität und Effizienz als Ziele gelten. Er fasste die Erwartungen in einer Formel zur Produktivität zusammen, in der neben Kosten und Einnahmen der Werkfeuerwehr auch zusätzlicher Kundennutzen durch Services berücksichtigt werden. In der anschließenden Diskussion fasste Bücher noch einmal zusammen: Werk- und Betriebsfeuerwehren sind eine gute Alternative, wenn sie mehr zu bieten haben als die reine Gefahrenabwehr. Wertschöpfende Tätigkeiten – zusätzlicher Kundennutzen – das ist der Schlüssel, um auch international bestehen zu können.

Funktionierendes Netzwerk

Albrecht Broemme als Präsident des THW konnte mit einer Menge verschiedener Kooperationen im Zuge der Gefahrenabwehrplanung zwischen der Bundesanstalt THW, den Feuerwehren und anderen aufwarten. Sie umfassen zahlreiche Klärungen, die vor einem Einsatz des THW abgesprochen sein sollten (z. B. Kostenübernahmen etc.). Damit ist eine verlässliche Unterstützung möglich, denn im Ernstfall ist für solche Abstimmungen im Allgemeinen keine Zeit mehr. Von den über 200 Kooperationen sind etwa 50 durch die THW-Leitung geschlossen worden. Die anderen wurden durch Landesverbände oder einzelnen Geschäftsstellen des THW abgestimmt. Zu den Kooperationspartnern des THW gehören viele Bundesministerien und Bundesbehörden (Bundespolizei, Bundeswehr, Zoll, Havariekommando), die Hilfsorganisationen oder Energieversorger. Einige Beispiele: ((vielleicht reicht hier ein Beispiel)) Mit dem Verband der chemischen Industrie (VCI) gibt es seit dem 8. Oktober 2007 eine Vereinbarung zum Einsatz von THW-Fachberatern im Rahmen von TUIS-Einsätzen. Darin sind ebenfalls Alarmierungs- und Informationswege festgelegt sowie die Ausbildung und Übungen der THW-Ortsverbände mit den örtlichen Werk- und Betriebsfeuerwehren. Mit der IHK Ostthüringen wurde eine Ausbildungsvereinbarung getroffen. Dort werden verschiedene Schulungen durchgeführt und die Prüfungen bestimmter Lehrgänge (z. B. Gabelstaplerfahrer, Ausbilderprüfung) von der IHK abgenommen. Somit können diese von den THW-Helfern auch im Berufsleben genutzt werden. Mit der Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (giz) besteht eine Vereinbarung für internationale Hilfseinsätze des THW. Die im Einsatzgebiet vorhandenen Strukturen und Netzwerke der giz werden dann auch vom THW genutzt. Weitere mögliche Kooperationspartner des THW könnten Firmen sein, die auch im Ausland ein „Standbein“ haben. Dies kann im Rahmen einer „Social Responsibility“ erfolgen. Ziel ist es auch hier, die Erfahrungen und Netzwerke sowie die Logistik (Fahrzeuge, Kommunikationsmittel) vor Ort zu nutzen. Damit könnten Hilfseinsätze noch schneller und kostengünstiger erfolgen.

Zukunft sichern

Raimund Bücher beschrieb in seinem Vortrag die Herausforderungen, die die Gesellschaft – also auch die Werkfeuerwehren – zukünftig zu meistern haben. Als großes Stichwort ist hier der demografische Wandel der Gesellschaft zu nennen. Einem Mangel an Nachwuchskräften ist mit entsprechenden Karrieremöglichkeiten gegenzusteuern. Da haben die Werkfeuerwehren mit zahlreichen Einstiegs- und Aufstiegsmöglichkeiten (z. B. Ausbildungsberuf Werkfeuerwehrmann/-frau, Werkfeuerwehrtechniker IHK, Industriemeister Brandschutz u. a.) – zusätzlich zu den herkömmlichen feuerwehrtechnischen Ausbildungen, entsprechend den Berufsfeuerwehren – schon viele Wege geebnet. Überlebenswichtig sind dabei eine zukunftsweisende Organisation und ein vorausschauendes Personalmanagement. Auch neue Techniken müssen genutzt werden.

Öffentliche Wahrnehmung

Hartmut Ziebs schlug für die öffentlichen Feuerwehren in die gleiche Kerbe. Er beschrieb die gegenwärtige Situation der Gefahrenabwehr durch Feuerwehren: Derzeit haben die etwa 35.000 Freiwilligen Feuerwehren über 1,1 Millionen Mitglieder. Davon sind über 800.000 aktive Einsatzkräfte. In den Jugendfeuerwehren gibt es fast 250.000 Heranwachsende. Viele werden in die Einsatzabteilungen von FF, BF und WF wechseln. Bei den über 100 Berufsfeuerwehren sind 28.500 und bei den etwa 860 Werkfeuerwehren rund 31.340 Einsatzkräfte beschäftigt. „Wir haben derzeit die komfortable Situation, dass wir in einem Zeitraum von 2 x 10 Minuten rund 400.000 Mann auf die Straße bekommen.“, stellte Ziebs fest. Dies werde sich ändern. Gerade tagsüber haben heute schon viele Freiwilligen Feuerwehren ein Problem mit der Besetzung der Einsatzfahrzeuge. Die Werkfeuerwehren sind für den DFV ein unverzichtbarer Bestandteil der Gefahrenabwehr. Sie sichern den Standort Deutschland. Sie leisten in den Betrieben besonders im Bereich der Vorbeugung Großartiges. „Wir können uns gegen alles und jeden versichern, aber eins ist klar: Nach einer Betriebsunterbrechung durch ein Schadenereignis sucht sich der Kunde einen anderen Lieferanten und ist weg.“ Er sprach die mangelnde Öffentlichkeitsarbeit der Feuerwehren an. Weder die kommunalen Feuerwehren noch die Werkfeuerwehren fallen durch eine gute und kontinuierliche Pressearbeit auf. Ihre Tätigkeit läuft eher im Verborgenen oder im Lokalteil der Zeitungen ab. Sein Schlusswort lautete: „Wir sind die besten, die anderen wissen es nur noch nicht.“

Spannungsfeld: öffentlich – betrieblich

Berlins Landesbranddirektor Wilfried Gräfling sprach für die Arbeitsgemeinschaft der Berufsfeuerwehren (AGBF). Er selbst hat viele gute Erfahrungen mit Werkfeuerwehren gemacht. In den vielen Abschnitten seiner Feuerwehrlaufbahn hatte er unter verschiedenen Gesichtspunkten immer wieder mit ihnen zu tun. Er gab zu bedenken, dass betriebswirtschaftliche Betrachtungen in den Unternehmen mit dem Ziel unternommen werden, Aufgaben auf die öffentlichen Feuerwehren zu verlagern. Dies ginge aber nicht ohne Kompensationen für die öffentliche Hand und einem „fairen“ Umgang miteinander. Als Beispiel nannte er die Auslösung der Werkfeuerwehr Siemens in Berlin. Für die Berliner Feuerwehr wurde dafür die Feuerwache Haselhorst gebaut. Die Kollegen der Werkfeuerwehr wurden, soweit möglich, in die Reihen der Berliner Feuerwehr übernommen. In einem anderen Fall scheiterten solche Verhandlungen und die Werkfeuerwehr wurde beibehalten. Die Kosten, die das Unternehmen für die Sicherstellung des Brandschutzes am Standort der Berliner Feuerwehr hätte tragen müssen, wären höher gewesen als der Unterhalt einer eigenen Werkfeuerwehr. Gräfling befürwortete eine vertragliche Absicherung von Kooperationen. Dabei muss es eine klare Abstimmung der Kompetenzen und Zuständigkeiten geben. Auch eine Absprache hinsichtlich der Ausstattung der Werkfeuerwehren und der öffentlichen Feuerwehren ist vorteilhaft. Sein Ergebnis: Ein offener und vertrauensvoller Umgang sichert die Effizienz sowohl der Werkfeuerwehren als auch der öffentlichen Feuerwehren. Beide Seiten müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein und dazu stehen: Gemeinsam sind wir stark.

Brandschutzforschung erforderlich

Der vfdb-Vorsitzende Dirk Aschenbrenner (auch Leiter der Feuerwehr Dortmund) wies auf unzureichende Forschung im Bereich der Gefahrenabwehr in Deutschland hin. Viele Verbesserungen oder auch Optimierungsmöglichkeiten werden nicht erkannt, weil entsprechende Untersuchungen fehlen. Als Beispiel nannte er auch die fehlenden deutschlandweit einheitlichen Statistiken zum Feuerwehrwesen, besonders die Brandstatistik. Der Brandschutz ist eben „Ländersache“ und bis in die Gemeinden hinunter nicht einheitlich geregelt. Eine zentralisierte Struktur der Gefahrenabwehr böte dafür bessere Voraussetzungen. Es ist daher zu überlegen, in welchen Strukturen und mit welchen Maßnahmen diese Defizite kompensiert werden können.

Die unbekannte Größe

Das Wetter hat in den letzten Jahren vermehrt zu (Groß-)Einsätzen der Feuerwehren geführt. Thomas Endrulat vom Deutschen Wetterdienst (DWD, www.dwd.de) zeigte die Möglichkeiten der Unterstützung bei der Gefahrenabwehr auf. Er beschrieb das zeitlich und räumlich dreistufige Warnverfahren des DWD. Dies beginnt mit Frühwarnungen (2 bis 7 Tage vorab) für Deutschland allgemein und verfeinert sich über einzelne Bundesländer (bis zu 24 Stunden vorher) bis in die einzelnen Landkreise (bis zu 12 Stunden vorher) hinab. Dazu zählen auch das Wetterinformationssystem für den Katastrophenschutz „Fewis“ (www.fewis.dwd.de) oder „Konrad“ (Gewitterortungs- und Warnprogramm). Diese stehen auch Werkfeuerwehren zur Verfügung. Eine entsprechende Vereinbarung besteht zwischen dem DFV und dem DWD. Eine weitere Dienstleistung des DWD ist „Hearts“ (Hazard Estimation for Accidential Release of Toxic Substances). Dieses Programm wurde vom Amt für Geoinformationswesen der Bundeswehr entwickelt. Damit lassen sich derzeit Ausbreitungen von gasförmigen Stoffen bei der gegenwärtigen Wetterlage schnell berechnen.

In der Summe

Werkfeuerwehren werden überall gern gesehen und können Techniken bereitstellen, die bei den kommunalen Feuerwehren nicht vorgehalten werden können. Ihr Einsatz außerhalb des Werkzauns ist auch vom Wohlwollen der Unternehmensleitung abhängig. Raimund Bücher machte deutlich, dass Werkfeuerwehren und damit „ihre“ Unternehmen gesellschaftliche Verantwortung übernehmen. Soll dies, auch im internationalen Vergleich, erhalten bleiben, ist Hilfe und Unterstützung nötig. Es sind neue Risiken zu meistern. Dazu zählen Stromausfälle, biologische Risiken und die steigenden Naturkatstrophen (Extremwetterlagen). Bei schwindenden Ressourcen gilt es, diese bei umfangreichen Einsatzlagen besser zu nutzen. Bücher endete mit der These, dass die Zukunft Kooperationen verlangt, die weit über das hinausgehen, was wir kennen. Er bot die Unterstützung der Werkfeuerwehren an.
Stefan Wagner

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