Löschroboter löscht ferngesteuert

2024_05

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First Attack heißt ein kleines ferngesteuerters Raupenfahrzeug, das die Einsatzkräfte in schwierigen Situationen unterstützen soll.

Kompakt, wendig und leistungsstark, so lässt sich das ferngesteuerte System First Attack von Torsten Müller beschreiben. Es soll die Rettungskräfte bei schwierigen Einsätzen unterstützen und so für mehr Sicherheit sorgen.

Mit dem von Innovationstechnik Torsten Müller (ITM) aus Ebersberg (BY) neu entwickelten System First Attack ist es gelungen, ein für Feuerwehr und Katastrophenschutz besonderes Konzept umzusetzen. Ziel der Entwicklung war es, die Gefährdung von Einsatzkräften bei besonderen Schadenlagen zu minimieren, dem Personalmangel entgegenzuwirken und gleichzeitig ein variables und kostengünstiges System, nicht nur für Berufs- und Werkfeuerwehren, sondern auch für kleinere Feuerwehren mit besonderen Gefahrenschwerpunkten, zur Verfügung zu stellen.

Das Fahrzeug wird mittels Funkfernsteuerung und auf Wunsch mit Wärmebildkamera in potenziellen Gefahrenbereichen gesteuert. Mit dem FA16 startete das Ebersberger Unternehmen in das zukunftsweisende Marktsegment der unbemannten Lösch- und Erkundungstechnik. Auf Basis von ­extrem robusten, dieselgetriebenen Kettenfahrgestellen mit hydrostatischem Antrieb besteht die Möglichkeit, Aufbaumodule für die verschiedensten Einsatzanforderungen aufzusetzen. So kann das Gerät bei der Bekämpfung von Großbränden z. B. einen Schaum-/Wasserwerfer mit einer Leistung von 800 bis 4.000 l/min bei 10 bar aufnehmen oder bei Bränden in Tiefgaragen und Tunneln mit einem Hochdrucklüftermodul mit Wassernebeltechnik beladen werden.

Ebenfalls im Bereich der Brandbekämpfung ist ein Modul mit eigenem Löschmittelbehälter (Schaum-Wasser-Gemisch) von 1.500 l Inhalt erhältlich, das das Fahrzeug vollkommen unabhängig agieren lässt. Werden höhere Löschmittelreserven verlangt, bietet ITM mit dem FA26 das passende Fahrzeug an. Als Besonderheit darf die Zusatzhydraulik der Maschine erwähnt werden, mit der hydraulische Rettungsgeräte, Zusatzpumpen usw. betrieben werden können.

Das Wechseln der Module kann problemlos von einer Einsatzkraft durchgeführt werden und dauert nur wenige Minuten. Nenneswert ist die Selbstschutzeinrichtung des Fahrzeugs, die auch die Einfahrt und einen Einsatz in Bereichen erlaubt, der für Menschen z.  B. aufgrund der Temperaturverhältnisse unmöglich erreichbar ist. Durch das Kettenfahrwerk ist das Gerät extrem geländegängig und treppensteigfähig. Somit eignet sich das Fahrzeug erstklassig für Erkundungseinsätze.

Durch die Verwendung der Wassernebeltechnik erreicht der First Attack eine große Kühlwirkung bei sehr geringem Wasserbedarf. Aber auch für Einsätze bei Wald- und Flächenbränden ist der FA16 gerüstet. Das Fahrzeug ist ausgesprochen wendig und kennt kaum Hindernisse. Mit einem Anhänger und einem Wassertankaufsatz lassen sich die 1.200 l Löschmittel auf bis zu 3.000 l erweitern. Eine eigene hydraulisch angetriebene Kreiselpumpe mit einer Leistung von 200 l/min bei 5 bar kann das Löschen auch abseits der Straße im Wald oder Moorgebiet übernehmen.

Für die Technische Hilfeleistung hat Torsten Müller, Entwickler der Fahrzeuge, ein Aufbau­modul THL vorgesehen. Mit einem Generator 13 kVA, Schere-/Spreizer-Aggregat, 50-m-Kabeltrommeln, Schaumlöscher, Pulverlöscher, Beleuchtungseinheit 2 x 1.000 W sowie Stativ und Werkzeugsatz ist das Modul ziemlich komplett ausgerüstet. So kann das Fahrzeug bei Zugunfällen, Explosionen und Katastropheneinsätzen die Einsatzkräfte optimal unterstützen. Unter Verwendung einer Zusatzhydraulik ist der Betrieb der hydraulischen Rettungsgeräte nahezu autark. Ebenfalls ein bemerkenswertes Modul ist der Hochleistungslüfter. Der auf dem 450 kg schweren Modul verlastete Lüfter von Leader erreicht eine Luftleistung von 180.000 m³/h und 310.000 m³/h im Freien. Angetrieben wird der Lüfter durch einen 2-Zylinder-Flugmotor von Rotax mit einer Leistung von 48 kW/65 PS. Fünf Zerstäuberdüsen können so auch 225 l/min Wassernebel erzeugen. Auch als Räumfahrzeug und für Rangier- und Schleppzwecke lässt sich das First Attack einsetzen. Der Wechsel der Aufbaumodule erfolgt nach Aussage des Entwicklers Torsten Müller in weniger als 120 s. Für den Einsatz wird nur ein Grundgerät benötigt, das im Einsatzfall mit dem benötigten Einsatzmittel in Minutenschnelle ausgerüstet werden kann.

Die Vorteile des Systems liegen im breiten Anwendungsbereich dank Wechselmodulsystem (Baumusterschutz), in der robusten Technik, der einfachen Bedienung und in der Servicefreundlichkeit. So können z. B. bereits vorhandene Wärmebildkameras mit Fernübertragungseinheit verwendet werden.

Gesteuert wird das Fahrzeug über Laptop/Bildschirm, z. B. den im ELW, und eine Fernsteuerung HBC Radiomatic. Die Reichweite beträgt rd. 350 m und die Betriebszeit ca. 20 h bei Dauereinsatz. Sollten mehrere Fernsteuerungen im Einsatz sein, so verfügt das First Attack über eine automatische Frequenzsuche. Treten Störungen, z.  B. Akku-Ladezustand oder Motoröldruck auf, erhält der „Fahrer“ eine Rückmeldung. THM hat verschiedene Fahrzeuge von 500 bis 2.600 kg Nutzlast im Programm. Mit der Entwicklung der First-Attack-Fahrzeuge will es das Unternehmen nicht bewenden lassen. Es bietet darüber hinaus für die Geräte einen Vollservice sowie Wartungsverträge und einen 24-h-Vor-Ort-Service an.
 Red.

Interview

Feuerwehr: Wie sind Sie auf die Idee für ein solches Fahrzeug gekommen?

T. Müller: Da ich u. a. als Konstrukteur und Projektleiter in der Entwicklung von Feuerwehrfahrzeugen und im Maschinenbau tätig war, selbst ­bereits seit über 25 Jahren aktiv bei der FF  Ebersberg als Zugführer tätig bin, kam mir die Idee zum Bau dieser Fahrzeuge. Deshalb bin ich mit der Materie bestens vertraut. In erster Linie haben mich Einsatzberichte von Großschadenereignissen, bei deren Bekämpfung sich immer wieder Schwierigkeiten ergaben, sich immer wieder Einsatzkräfte in große Gefahr begeben oder körperlich verausgaben mussten, zu dieser Entwicklung animiert. Außerdem stehen Feuerwehren oftmals vor dem Problem der Zugänglichkeit, gerade im Bereich von Bahnstrecken, in ausgedehnten Wald- und Moorgebieten oder Industriebetrieben.

Feuerwehr: Sind das die Ziele, die Sie mit Ihrer Entwicklung verfolgten?

T. M.: Ziel war es, moderne, robuste und praxiserprobte Technik für den Einsatz bei Feuerwehren, THW und Rettungsorganisationen zu nutzen sowie ein kostengünstiges Baukastensystem zu entwickeln. Das Rad wird nicht neu erfunden: Es kommen tausendfach bewährte und getestete Komponenten bei der Konstruktion und beim Bau der Fahrzeuge zum Tragen. Feuerwehr: Wie lange dauerte die Entwicklung? T. M.: Die Entwicklung und Umsetzung des ­Projekts dauerte von der Idee bis zum einsatzfähigen Fahrzeug inklusive Testphase etwa zwei Jahre.

Feuerwehr: Wie viele Fahrzeuge haben Sie davon bereits gebaut und für wen?

T. M.: Gebaut ist bis jetzt ein Fahrzeug vom Typ FA16, Nutzlast 1.600 kg mit Aufbau Schaum-/Wasserwerfer, das bei der FF Ebersberg als Leihgabe von ITM stationiert ist. Dieses Fahrzeug wird auch für Vorführungen genutzt. Die anderen Typen sind fertig entwickelt und werden auf Bestellung gebaut. Feuerwehr: War das Fahrzeug bereits im Einsatz? T. M.: Bis dato war noch kein Einsatz zu verzeichnen, dies liegt an der Neuheit der Entwicklung und der erst kurzen Marktpräsenz. Dies wird sich aber schnell ändern, wenn das Gerät in der Einsatzmittelkette der Leitstellen hinterlegt ist und mehrere Geräte im Umlauf sind. Tests und Fahrversuche mit verschiedenen Aufbauten lieferten wertvolle Informationen und erstklassige Ergebnisse. Diverse Berufs-, Werk- und Freiwillige Feuerwehren haben bereits Interesse an einer Beschaffung geäußert.

Feuerwehr: Wie kommt eine Freiwillige Feuerwehr an so ein Fahrzeug?

T. M.: Bei Interesse an einem Fahrzeug kann sich der Kunde direkt an die Fa. ITM wenden. Wir werden dann in einem gemeinsamen Gespräch genau klären, was gewünscht wird, was geht und wie es technisch umsetzbar ist. Wir gehen gerne auf Wünsche der Kunden ein, auch was die Finanzierung betrifft. Es gibt letztendlich kein Fahrzeug von der Stange, jedes Aufbau­modul wird individuell geplant und auf Kundenwünsche ausgelegt, lediglich das Grundfahrgestell ist gleich, somit sind die Aufbauten untereinander wechselbar. Jede Feuerwehr oder Hilfsorganisation hat ihre eigenen Einsatzschwerpunkte und Anforderungen. Die Varianten Schaum-/Wasserwerfer, Hochleistungs­lüfter, Waldbrandbekämpfung und THL sind demnach als Grundvarianten zu sehen, bedeuten aber nicht das Ende der Möglichkeiten.

Feuerwehr: Wie sieht die Perspektive aus, gibt es schon Pläne für kommende Geräte?

T. M.: Es gibt bereits die Planung für ein Fahrzeug zum Transport von bis zu drei Patienten zur Personenrettung aus unwegsamem Gelände, zum Transport von Tragkraftspritzen oder zur Verlegung von langen Schlauchstrecken abseits von festen Wegen. Ebenso ist der Transport von schwerem Bergegerät in Katastrophengebieten als Einsatzmöglichkeit im Fokus. Hier wird gezielt auf die Tätigkeit des THW ­eingegangen.

Feuerwehr: Was kostet ein solches Fahrzeug?

T. M.: Da es individuelle Fahrzeuge sind, kann man keinen generellen Preis angeben. So liegt z.  B. das Trägerfahrzeug FA16 mit einer Nutzlast von 1,6 t als Basisfahrzeug inklusive Fernsteuerung zwischen 68.000 bis 72.000 Euro. Die Module liegen je nach Ausstattung zwischen 25.000 und 90.000 Euro. Wichtig ist noch zu erwähnen, dass die Versorgung mit Ersatzteilen sowie der technische Service weltweit gewährleistet sind.

Technische Daten

Motor: Kubota D-902, 3-Zylinder wassergekühlt, Diesel
Leistung: 15,2 kW/20,3 PS
Hubraum: 898 cm³
Fahrwerk: 6 Laufrollen, Trapezaufnahme
Gewicht: 900 kg max.
Nutzlast: 1.600 kg
zul. Gesamtmasse: 2.500 kg
L/B/H: 2.500/1.070/1200 mm
vmax: 7,5 km/h
Steigfähigkeit: 60 %
Kraftstofftank: 24 l
Hydrauliköl: 25 l
Generator: 12 V/40 A

Mehr Infos

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