Vielfalt an Lehrgängen

2024_04

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Die Werkfeuerwehr Chemiepark Gendorf (Burgkirchen/Alz, LK Altötting, BY) nutzt eine ehemalige Eissporthalle im Ort für die Aus- und Fortbildung. Daraus ergeben sich, zusammen mit den Übungsanlagen im Werksgelände, ungeahnte Möglichkeiten.


Erschienen in: FEUERWEHR Ausgabe 12/2019

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Ende 2016 war es so weit, der Pachtvertrag für die sog. „Keltenhalle“ war unter Dach und Fach. Auf dem Gelände und in der etwa 3.000 m² großen ehemaligen Eissporthalle der Gemeinde Burgkirchen entstand ein in der Zwischenzeit gefragtes Ausbildungszentrum für Feuerwehren. Zum damaligen Zeitpunkt stand die Halle in der Nähe des Werkgeländes bereits seit rund sieben Jahren leer. Infraserv Gendorf hat die Keltenhalle für zunächst zehn Jahre gepachtet. Neben der Aus- und Fortbildung der eigenen hauptberuflichen Werkfeuerwehr für den Chemiepark Gendorf mit derzeit über 50 Mitarbeitern werden dort Kurse für externe Werk- und Betriebsfeuerwehren sowie freiwillige Feuerwehren angeboten.

Hohe Nachfrage nach Ausbildungsangeboten

Mit dem Feuerwehr Ausbildungs- und Kompetenzzentrum füllt Infraserv Gendorf (ISG) eine Marktnische. An den drei staatlichen Feuerwehrschulen in Bayern ist die Nachfrage nach Ausbildungen deutlich größer als das Angebot. Wartezeiten von mehreren Jahren sind deshalb keine Seltenheit. „Diese hohe Nachfrage nach Ausbildungsangeboten wollen wir nutzen“, so Martin Siebert, Leiter der ISG-Werksicherheit, zu der auch die Werkfeuerwehr des Chemieparks Gendorf zählt. „Dabei können wir gleich mehrere Vorteile ausspielen: Wir bieten in Zusammenarbeit mit unserer Bildungsakademie bit Gendorf bereits Ausbildungen für externe Einsatzkräfte an. Unsere rund 20 qualifizierten Ausbilder sind im Chemiepark im Einsatz und erfahrene Feuerwehrleute. Außerdem können wir die Übungsausstattung unserer hochmodernen Feuerwache wie die Atemschutz- und Kanalübungsstrecke, Rohrbrücken und den Übungsturm nutzen – inklusive der für Übungszwecke bereitstehenden Löschfahrzeuge. Durch die zusätzlichen räumlichen Möglichkeiten der Keltenhalle verknüpfen wir diese Stärken zu einem Angebot, wie es das abseits der staatlichen Feuerwehrschulen kaum irgendwo anders gibt.“ Die Ausbildungen erfolgen mit Kenntnis des Bayerischen Innenministeriums und in enger Absprache mit der staatlichen Feuerwehrschule in Geretsried. Die Ausbildungen (außer Verbandsführer) erfolgen nach der Feuerwehr-Dienstvorschrift 2 (FwDV 2) und werden von den Feuerwehrschulen anerkannt.

Für nebenberufliche Werk- und Betriebsfeuerwehren gibt es wenig Ausbildungsangebote außerhalb der Feuerwehrschulen. Die derzeitige Nachfrage zur Ausbildung hauptamtlicher Werkfeuerwehrleute kann von den bisher vorhandenen Einrichtungen nicht befriedigt werden.

Schwerpunkte der Ausbildung

Die angebotenen Lehrgänge lassen sich in drei Bereiche einteilen:

  • Führungslehrgänge
  • Fortbildungslehrgänge
  • Laufbahnlehrgänge

Die Führungslehrgänge richten sich an nebenberufliche Werkfeuerwehren, Betriebsfeuerwehren und freiwillige Feuerwehren.
Hier wird der Gruppenführer-Lehrgang (Bayern: 1 Woche) in Vollzeit und berufsbegleitend (abends und am Wochenende) sowie der komplette 14-tägige Lehrgang nach FwDV 2 (F3-Lehrgang) angeboten. Dazu kommt noch der entsprechende Zugführer- Lehrgang (F4)

Die Fortbildungslehrgänge richten sich an alle Feuerwehren.
Besonders zu erwähnen wäre hier ein Ergänzungslehrgang, um den einwöchigen bayerischen Gruppenführer-Lehrgang entsprechend der FwDV 2 auf zwei Wochen aufzustocken. Dies ist für eine Anerkennung des Lehrgangs im übrigen Bundesgebiet erforderlich.

Weitere Lehrgänge behandeln die Themen Gefahrguteinsatz in der Industrie und beim Transport. Ergänzend dazu gibt es Fortbildungen für Atemschutzgeräteträger und dem Arbeiten im Chemikalienschutzanzug (CSA). Hier können auch vielfältigste geschlossene Ausbildungen für einzelne Feuerwehren angeboten werden.

Laufbahn-Lehrgänge: Für die hauptberuflichen Werkfeuerwehren werden die Laufbahn-Lehrgänge BI bis BIII sowie die Ausbildung zur IHK-Brandschutzfachkraft angeboten.

Sonderlehrgänge
Neben den eben genannten Lehrgängen können auch noch folgende Sonderlehrgänge angeboten werden:

  • Feuerwehrmodul 1 für Personal von Integrierten Leitstellen
  • Grundlehrgang Höhenrettung
  • Fortbildung Höhenrettung
  • Industriebrandbekämpfung
  • Messen und Freimessen
  • Seminare zu Sonderthemen
  • TUIS-Tage

Auch Tagungen und Symposien können von der Werkfeuerwehr organisiert und angeboten werden.

Lehrgangsgestaltung

Die Lehrkräfte sind erfahrene hauptberufliche Werkfeuerwehrleute. Der Schulleiter hat einen B4-Lehrgang (Zugführer) absolviert, und die Ausbilder haben mindestens den B3-Lehrgang (Gruppenführer). Durch die Ausbildungsstätte hat die Werkfeuerwehr die Chance, auch Mitarbeiter zu halten und zu beschäftigen, die nicht mehr feuerdiensttauglich sind.

Dazu kommen spezialisierte Referenten zu vielen Themen, auch chemiespezifische Fachkenntnisse sind vorhanden.

Bei der Gestaltung der Lehrgänge ist man flexibel und geht auf die Wünsche der Teilnehmer ein. So kann man auch Lehrgänge außerhalb der normalen Arbeitszeit anbieten. Dies ist gerade für freiwillige Feuerwehrleute interessant, die die Ausbildung zum Gruppenführer bisher nicht absolvieren konnten, weil der eigene Job (Landwirtschaft im Vollerwerb, freiberufliche oder selbstständige Tätigkeit) eine komplette Freistellung für eine oder zwei Wochen nicht erlaubt.

Für geschlossene Gruppen, beispielsweise von einer FF oder einer Betriebsfeuerwehr, können auch kompakte Lehrgänge zu speziellen Inhalten durchgeführt werden.

Das Lernen und Arbeiten erfolgt in kleinen Gruppen, was die Vermittlung der Inhalte verdichtet und den Lernerfolg erhöht.

Die im Werk vorhandenen Übungsmöglichkeiten der Werkfeuerwehr an der neuen Feuerwache und am Brandplatz können jederzeit in die Lehrgänge einbezogen werden.

Übungsanlagen Keltenhalle

Neben der überdachten Übungsfläche in der Halle mit etwa 3.000 m² gibt es draußen noch eine Freifläche mit einer ähnlichen Größe.

In der Halle sind zahlreiche Übungsanlagen eingebaut, darunter ein mehrgeschossiges Übungsgebäude. Damit lassen sich Einsätze in Laborräumen, offenen und geschlossenen Industrieanlagen darstellen. Auch eine Atemschutzübungsstrecke (Wohnungen, Werkstätten etc.) ist vorhanden. Ein Unterrichtsraum und ein Planübungsraum runden das Ganze ab.

Auch die Löschwasserversorgung kann in vielfältigen Varianten geübt werden. Bei den Wasserentnahmestellen gibt es ein fließendes Gewässer, Löschteiche, unterirdische Löschwasserbehälter sowie Über- und Unterflurhydranten.

Zur mobilen Übungsausstattung, die an der Keltenhalle vielfältig genutzt werden kann, gehören zwei Löschgruppenfahrzeuge, ein Transportfahrzeug, Nebelgeneratoren, Übungspuppen, akustische Übungseinrichtungen und zahlreiche Darstellungsmittel (Pkw etc.).

Weiterer Ausbau

Um die Attraktivität der Übungshalle und die Vielfalt der Einsatzszenarien weiter zu erhöhen, sind zahlreiche Erweiterungen geplant. Ein zusätzlicher Unterrichtsraum sowie weitere Planübungsmodule für den theoretischen Unterricht und die Führungslehre sind angedacht.

Bei den Anlagen für die Praxis ist eine Simulationsanlage Chemieunfall geplant und die Aufstellung weiterer Behälter. Auch der Ausbau von Wohn-, Büro- und Gewerberäumen für Übungszwecke wird vorangetrieben.

Bei der Erstellung eines Lagerraums soll ein Doppelnutzen erreicht werden. Er dient einerseits zur Unterbringung zahlreicher Materialien und andererseits wird er für Einsatzübungen in Lagerräumen genutzt.

Übungsanlagen Feuerwache

An der im Herbst 2014 eingeweihten neuen Feuerwache gibt es ebenfalls Übungseinrichtungen, die nicht nur von der hier beheimateten Werkfeuerwehr genutzt werden sollen, sondern auch den Lehrgangsteilnehmern zur Verfügung stehen.

Ein Kanalsystem, ein Behälter, eine Rohrbrücke, ein Übungsturm und eine Grube bieten Übungsmöglichkeiten für Einsätze mit und ohne Chemikalienschutzanzug. Auch auf der hier vorhandenen Atemschutzübungsstrecke können verschiedene Szenarien mit und ohne CSA geübt werden.

Heißübungsplatz

Schon seit der Werksgründung im Jahre 1940 gibt es im hinteren Teil des Werks einen sog. Heißübungsplatz. Hier übt die Werkfeuerwehr an verschiedenen gasgefeuerten Übungsanlagen, darunter auch ein Bahnkesselwagen. Auch finden hier die Unterweisungen von Werksmitarbeitern bei der Nutzung von Feuerlöschern statt.

Mit den steigenden Anforderungen durch den Umweltschutz wurde der Platz in den letzten Jahren mehrfach den Erfordernissen angepasst. Im Bereich des Heißübungsplatzes gibt es folgende Übungseinrichtungen: verschiedene Behälter, eine Brandübungsfläche (Realbrände, Gasschieber), Regalsysteme und eine Rollenbahn.

Es können Brandübungen auch mit Schaummittel im Maßstab 1:10 erfolgen. Ein Unterrichtsraum hier vor Ort führt zu kurzen Wegen und einer effektiven Nutzung der Zeit.

Zukunft

Für die Lehrgangsangebote und die Nutzung der Keltenhalle ist ein langfristiges Engagement geplant. Der weitere Ausbau der Ausbildungsmöglichkeiten soll auch mit dem Einrichten von zusätzlichen Dozentenstellen verbunden sein. Es sollen, je nach Bedarf, weitere Angebote für haupt- und nebenberufliche Betriebs- und Werkfeuerwehren geschaffen werden.

Ein Ausbau der Zusammenarbeit mit den Feuerwehren aus dem südostbayerischen Raum sowie Kooperationen mit der Kreisbrandinspektion Altötting und mit dem THW sind angestrebt. Allgemein bemüht sich die Führung der Werkfeuerwehr um eine bundesweite Anerkennung der Lehrgänge nach FwDV 2, B1 und IHK.

Durch die Schaffung von fußläufig erreichbaren Übernachtungsmöglichkeiten soll die Attraktivität der Lehrgänge in Burgkirchen erhöht werden.

Attraktive Vielfalt

Bedingt durch den Standort können selbstverständlich viele Lehrgänge zu Einsätzen mit gefährlichen Stoffen und Gütern angeboten werden. Aber auch andere Szenarien aus dem gesamten Spektrum der Feuerwehreinsätze, also zur Brandbekämpfung und zur Technischen Hilfeleistung, sind vorbereitet. Darüber hinaus werden die Lehrgänge an das Niveau der Ausbildung der Einsatzkräfte und die Ausstattung der übenden Feuerwehren angepasst.

Momentan gibt es noch einige ungenutzte Zeiten für Lehrgänge, denn die Finanzierung für die Teilnehmer ist ungewohnt. Die Kommunen/Feuerwehren müssen die Lehrgänge aus dem eigenen Haushalt bezahlen. Die Lehrgänge an den Landesfeuerwehrschulen werden über eine Umlage finanziert. Hier helfen bei freiwilligen Feuerwehren aber vielerorts Sponsoren oder die Fördervereine der Feuerwehr.

Natürlich bietet sich neben der Teilnahme an einem Lehrgang die Besichtigung des Chemieparks und seiner Werkfeuerwehr an. Aber auch in der Umgebung, in der viele Urlaub machen, finden sich viele Dinge, die man sich anschauen kann, beispielsweise die längste Burg der Welt im nahegelegenen Burghausen. Auch das in unmittelbarer Nähe gelegene Chiemgau mit dem Chiemsee ist sehr sehenswert.

Link zu den Ausbildungsangeboten/Lehrgangsterminen: www.bit-gendorf.de/de-DE/Feuerwehr/Lehrgaenge

Stefan Wagner, Foto: Sammlung WF Chemiepark Gendorf

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