Wenn Helfer Hilfe brauchen

2024_04

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Rettungskräfte werden immer wieder mit schrecklichen Bildern, Verletzten und auch Toten konfrontiert. Das kann, trotz einer gewissen Routine, insbesondere auf Dauer sehr belasten. Wie verarbeiten die oft freiwilligen Helfer solche Ereignisse?

von links: Michael Claaßen, Yvonne Pohle, Nadine Kapell, Jürgen Buil (Foto: FW Kleve)

Alarm für die Feuerwehr. Die Feuerwehrleute leisten eine schwere und teilweise auch gefährliche Arbeit. Ob Brandeinsätze oder schwere Verkehrsunfälle, trotz aller Anstrengungen können sie nicht immer Leben retten. Rettungskräfte werden immer wieder mit schrecklichen Bildern, Verletzten und auch Toten konfrontiert. Das kann, trotz einer gewissen Routine, insbesondere auf Dauer sehr belasten. Wie verarbeiten die oft freiwilligen Helfer solche Ereignisse? Hierbei können sogenannte PSU-Assistenten wertvolle Hilfe leisten. PSU steht für die Psycho-Soziale-Unterstützung der Einsatzkräfte und soll Einsatzkräften dabei helfen, ihre Einsatz-Erlebnisse zu verarbeiten.

In der Vergangenheit wurde diese Aufgabe teilweise von Notfallseelsorgern, die sich vorrangig um betroffene Bürger kümmern, mit übernommen. Im Unterschied zu den Notfallseelsorgern sind PSU-Assistenten aber Einsatz-erfahrene Helfer aus dem aktiven Feuerwehrdienst und können kameradschaftlich auf Augenhöhe fachlich nachvollziehen, was in dem betroffenen Helfer vorgeht. Vielen fällt es leichter mit jemandem zu reden, der selber Feuerwehrmann- oder Frau oder Einsatzkraft ist.

Neues PSU-Team ins Leben gerufen

Da in der Vergangenheit bereits mehrfach ein PSU-Team aus dem Kreis Wesel zur Unterstützung alarmiert werden musste, hat Jürgen Buil, der seit 35 Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr Kleve ist, nach seiner Ausbildung zum PSU-Assistenten die Initiative ergriffen und das „PSU-Team Unterer Niederrhein“ ins Leben gerufen.

Er wird unterstützt von den PSU-Assistenten Yvonne Pohle, Feuerwehrfrau der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Emmerich, Michael Claaßen, Feuerwehrmann der Stadt Kleve und Nadine Kapell, Rettungsassistentin beim Kreis Kleve. Das Team ist interkommunal und interdisziplinär aufgebaut.

Martin Bettray, Leiter der Feuerwehr Emmerich: „Es ist wichtig, dass die Mitglieder eines solchen Teams aus verschiedenen Feuerwehren kommen. In der Regel sind alle im aktiven Feuerwehrdienst. Wenn dann die eigene Einheit von einem extremen Ereignis betroffen ist, dann ist es schwierig, wenn derjenige, der eigentlich helfen soll, vielleicht selber mit betroffen ist. Dies soll auch zu viel Nähe zu den betroffenen Kollegen und den Ereignissen verhindern und die PSU-Assistenten schützen.“

„Das PSU-Team Unterer Niederrhein, das eine Einheit der Freiwilligen Feuerwehr der Stadt Kleve ist, steht im Rahmen der überörtlichen Hilfe allen Feuerwehren und Hilfsorganisationen im Kreis Kleve im Einsatzfall zur Verfügung“, so Ralf Benkel, Leiter der Feuerwehr Kleve. „Wir haben das Team mit entsprechender, zweckmäßiger Schutzkleidung ausgestattet und im Rahmen der Alarm- und Ausrückeordnung die Möglichkeit der Alarmierung sichergestellt. Auch die Mobilität im Einsatzfall ist über vorhandene Fahrzeuge gesichert.“

Fachliche Aufarbeitung des Geschehens

„Im Einsatz funktioniert man und arbeitet das Ereignis ab“, weiß Jürgen Buil aus seiner jahrelangen Einsatzerfahrung, „doch hinterher müssen die Kameraden das Erlebte und gesehene Verarbeiten.“ Und diese Verarbeitung und Bewältigung ist vielschichtig. Werden solche Belastungen nicht verarbeitet, kann sich eine Posttraumatische Belastungsstörung mit schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen für den Betroffenen entwickeln.

Eine fachliche Aufarbeitung des Geschehens, eine zeitnahe Nachbesprechung in der Gruppe, ein persönliches Gespräch oder einfach nur Zuhören, können in den meisten Fällen zu einer schnellen Klärung der Situation führen. Wenn die kameradschaftlichen Maßnahmen des PSU-Teams nicht ausreichen, wird professionelle Hilfe vermittelt.

„Vorbeugen ist besser als heilen“, sagt Yvonne Pohle, von Beruf Krankenschwester. „Dies trifft auch auf mögliche Belastungen im Einsatzdienst zu. Deshalb haben wir einen Flyer entworfen, der die Kameraden im Vorfeld über Belastungsstörungen aufklärt und Hinweise gibt, wie man damit umgehen kann.“ Vorbeugen fängt schon in der Grundausbildung an. Das Thema „Belastende Einsätze“ ist hier bereits seit mehreren Jahren auf dem Ausbildungsplan. Hier wird auch die Haupttätigkeit des neu gegründeten „PSU-Teams Unterer Niederrhein“ liegen. „Obwohl wir kürzlich schon einen Einsatz hatten, sind diese glücklicherweise eher nicht an der Tagesordnung“, so Jürgen Buil. „Und das werden wir versuchen durch unsere Arbeit im Bereich der Aus- und Fortbildung auch möglichst zu vermeiden.“

FW Kleve

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