Regelungen zur Brandbekämpfung: Schaummittel – Qual der Wahl?

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Löschschaum ist nach Wasser das meistverwendete Mittel bei der Brandbekämpfung und bei der Sicherstellung des Brandschutzes. Doch häufig kommt es zu Unsicherheiten bei der Anwendung.


Erschienen in: FEUERWEHR Ausgabe 5/2019

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In den letzten Jahren, spätestens aber nach dem BGH-Urteil von 2018, bei dem der kommunale Träger einer Feuerwehr nach dem Einsatz eines fluortensidhaltigen Schaummittels (AFFF) in Regress genommen wurde (siehe Kasten), bestehen bei Feuerwehren und Umweltbehörden Unsicherheiten über den Einsatz und über die Verwendbarkeit. Perfluoroctansulfonsäure (PFOS) ist eine Substanz in Löschschäumen, die seit 2006 als problematisch eingestuft und seit 2011 EU-weit verboten ist. PFOS steht im Verdacht, krebserregend oder zumindest krebsfördernd zu sein. Gleichzeit wurden bei Untersuchungen gravierende Umweltschäden vor allem im Bereich von Flughäfen und Industrieanlagen bekannt. Die Substanz ist nur schwer abbaubar und muss deshalb in einem sehr aufwendigen und kostspieligen Sanierungsverfahren in den betroffenen Gebieten beseitigt werden.

Die Hersteller von Schaummitteln bieten mittlerweile eine Vielzahl von Produkten an, die umweltschonend fluorfrei sind. Dabei ist es auch für Führungsdienstgrade der Feuerwehren nicht immer einfach, aus dem breiten Angebot sich für das richtige Schaummittel für die Vorhaltung zu entscheiden oder zum Einsatz zu bringen. Mit dieser Tatsache konfrontierte der Landesfeuerwehrverband Bayern das Bayerische Staatsministerium des Innern, was letztendlich zu einer Arbeitsgruppe bestehend aus acht Institutionen führte. Die Ergebnisse der Arbeitsgruppe wurden in einem 80-seitigen Leitfaden zusammengestellt, der nun flächendeckend den Feuerwehren und den Umweltbehörden des Freistaats Bayern in Druckformat oder online zur Verfügung steht. Der Band soll als Ratgeber bei der Beschaffung und Handhabung von Schaummittel im Einsatzfall helfen und thematisiert gleichzeitig den Aufbau und die Wirksamkeit von Löschschäumen. Im Vergleich zu den in der Zwischenzeit verbotenen fluorhaltigen Schäumen sind fluorfreie Schäume im Regelfall gut abbaubar. Sind im Sicherheitsdatenblatt des jeweiligen Herstellers keine entsprechenden Gefährdungspotenziale genannt, so kann nach einem Einsatz im Brandfall von keinem nachhaltigen Umweltschaden durch den eingesetzten Löschschaum ausgegangen werden. Dennoch gilt der Grundsatz: Eine direkte Einleitung von Löschschäumen in ein Oberflächengewässer ist unbedingt zu vermeiden.

Leichtschaum nach DIN EN 1568-2 eignet sich für die Brandklassen A und B in umgrenzten Räumen. Ein Abdecken von staubförmigen Gefahrstoffen ist möglich. Das Löschmittel hat ein sehr geringes Gewicht bei einem großen Volumen, besitzt kaum Kühlwirkung, eine hohe Abbrandrate und ist begrenzt fließfähig. Die Herstellung erfolgt unter Verwendung eines Lüfters, Lutten, Leichtschaumtopf oder Leichtschaumgenerator. Leichtschaum eignet sich zum Fluten von Räumen.

Der Einsatz von Mittelschaum nach DIN EN 1568-1 umfasst die Brandklasse A und die Brandklasse C vorrangig bei Flüssiggas. Als Löschwirkung kann ein Verdrängungsund Kühleffekt erzeugt werden. Mittelschaum eignet sich zur schützenden Beschäumung, zum Abdecken von Chemikalien und besitzt eine gute Fließfähigkeit.

Schwerschaum nach DIN EN 1568-4/DIN EN 1568-3 umfasst die Brandklassen A und B. Die Hauptlöschwirkung ist ein Kühlund Trenneffekt. Er besitzt eine hohe Wurfweite, gute Haftfähigkeit und eine gute, rückzündungshemmende benetzende Wirkung.

Druckluftschaum (DLS) zeichnet sich durch geringen Wasserverbrauch und durch ein geringes Gewicht der mit DLS gefüllten Schläuche aus. Der sehr haftfähige Schaum erzielt mit einem C-Rohr eine sehr hohe Wurfweite.

Löscheffekt

Die Löscheffekte des Löschschaums sind abhängig von der Art des Schaums: Mit Mittel- und Schwerschaum erreicht man eine abgeschlossene Schaumdecke und trennt das Brandgut von der Umgebung. Man spricht von einem Trenneffekt. Durch Fluten von Räumen mit Leichtschaum wird die Umgebungsluft verdrängt und die Sauerstoffkonzentration gesenkt, man erwirkt einen Verdrängungseffekt. Mit Schwer- oder Druckluftschaum wird ein nachhaltiger Energieentzug des Brandes möglich, es tritt ein Kühleffekt ein. Um einen erfolgreichen Einsatz von Löschschaum zu gewährleisten, gibt es einige Punkte zu beachten. Prinzipiell gilt der Grundsatz, erst dann mit dem Löschangriff zu beginnen, wenn ausreichend geeignetes Schaummittel, eine optimale Wasserversorgung und eine ausreichende Anzahl von entsprechend leistungsfähigen Schaumrohren/-werfern und Zumischeinrichtungen vorhanden sind.

Der Löschschaum besteht aus Gasblasen, umgeben von einer Hülle wässriger Lösung mit einer sog. Tensidhaut an der Grenze zwischen Luft und Wasser.

Bei der Wahl von fluorfreien Schaummitteln kann zwischen synthetischen Produkten und Proteinprodukten gewählt werden. Da sich mit Proteinschaummittel nur Schwerschaum herstellen lässt, sind die Einsatzmöglichkeiten bei den kommunalen Feuerwehren deshalb begrenzt.

Synthetische Schaummittel bestehen aus den Grundsubstanzen Schaumbildner, Filmbildner, Konservierungsstoffe, Frostschutz, Lösungsmittel und Wasser und sind deshalb vielseitig einsetzbar.

Je nach der Zusammensetzung der verwendeten Wirkstoffe werden synthetischen Schaummitteln klassifiziert in:

Fluorfrei:

  1. Netzmittel
  2. synthetisches Mehrbereichsschaummittel (MBS)
  3. synthetisches MBS mit Polymerfilmbildner (MBS-AR)
  4. synthetisches Class-A-Schaummittelkonzentrat

Mehrbereichsschaummittel, Class-A-Schaum und alkoholbeständige MBS eignen sich zur Herstellung von Leicht-, Mittel- und Schwerschaum, synthetische AFFF- und synthetische alkoholbeständige AFFF-Schaummittel von Mittel- und Schwerschaum.

Fluortensidbasis:

  1. AFFF
  2. alkoholbeständiges AFFF auf Fluortensidbasis mit Polymerfilmbildner
  3. alkoholbeständiges AFFF-LV auf Fluortensidbasis

Die Wirkungsweise von AFFF-Schaummitteln bei Bekämpfung von Bränden wie Benzin, Kerosin oder Heizöl beruht auf der Ausbreitung eines dünnen Wasser-/Schaumfilms auf der brennenden Flüssigkeit.

Bei der Erzeugung von Löschschaum müssen einige Faktoren beachtet werden:

  1. Durch die reinigende Wirkung der im Schaummittel eingesetzten Tenside kann die Schaumqualität bei Verwendung von heißem, verschmutztem oder kalkhaltigem Wasser beeinträchtigt werden. Eine Erhöhung der Zumischrate könnte erforderlich werden.
  2. Die Verschäumung des Wasser-Schaummittel-Gemisches im Schaumrohr kann durch das Ansaugen von heißem oder verunreinigtem Brandrauch gestört oder sogar verhindert werden.
  3. Der freie Luftstrom durch das Schaumrohr muss gewährleistet sein. Bei einer Einbringung in geschlossenen Räumen muss eine geeignete Ablüftung vorhanden sein, um keinen Gegendruck zu erzielen.

Thomas Birkner

Quelle: Auszug aus dem Leitfaden „Umweltschonender Einsatz von Löschschäumen“ Herausgeber: StMI/LfU Freistaat Bayern

 

Foto (Beitragsübersicht): © Thomas Birkner

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