Löschlanze und Hochvoltlöschsystem: Neue Technik für Elektrofahrzeuge

2024_05

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Wenn die Batterie eines Elektrofahrzeugs brennt, kommt es zu einer Kettenreaktion, bei der eine Batteriezelle nach der anderen „durchgeht“. Neue Systeme sollen mit punktgenauem Löschmitteleinsatz eine schnelle Kühlung der Batterie und somit einen gelungenen Löscheinsatz erreichen. So funktionieren die E-Löschlanze von Murer und das Rosenbauer-Löschsystem und was allgemeine Vor-und Nachteile der neuen Löschtechnik sind.

Praxistest: Einsatzkräfte proben hier den Einsatz der Murer E-Löschlanze. Foto: Murer Feuerschutz

 

Die große Gefahr bei brennenden Hochvoltbatterien in Elektrofahrzeugen ist der sogenannte „Thermal Runaway“ (deutsch: Thermisches Durchgehen), eine Kettenreaktion, die eintreten kann, wenn nur eine Batteriezelle beschädigt ist. Dabei heizt diese ihre Umgebung so weit auf, dass immer weitere Zellen der Batterie durch die thermische Einwirkung geschädigt werden. Ein Akkubrand facht sich somit immer weiter selbst an. Der „Thermal Runaway“ ist nur durch Kühlen aufzuhalten. Häufig wird dazu das gesamte Fahrzeug gekühlt, beispielsweise durch das Versenken in speziellen AB-Hochvolt, die mit Wasser geflutet werden. Doch mittlerweile haben sich einige Hersteller auch Gedanken gemacht, um Löschsysteme zu entwickeln, die punktgenauer arbeiten und gezielt die beschädigte Batterie kühlen.

Manuell: E-Löschlanze von Murer im Praxistest

Löschlanzen: Sie versprechen einen gezielten Einsatz des Löschwassers. Foto: Murer Feuerschutz

Das Unternehmen Murer Feuerschutz hat seine E-Löschlanze erst kürzlich einem Test unterzogen, um zu ermitteln, wie schnell und sicher sich Elektrofahrzeuge damit löschen lassen. Gemeinsam mit Volkswagen wurde der Test mit der Hilfe von Feuerwehrangehörigen auf dem Dekra-Crashtestcenter in Neumünster (SH) ausgeführt.

Für den Versuch wurde die Hochvoltbatterie eines VW ID3 mithilfe einer Aufdornvorrichtung beschädigt und so ein Brand erzeugt. Die Antriebsbatterie brannte bereits 19 s nach der Aufdornung. Zwei Minuten nach Testbeginn platzten die Reifen und das Fahrzeug lag dicht am Untergrund. Wenn dies der Fall ist, kann ohne weitere Vorbereitungen und Einsatzmittel nicht mehr von unten am Fahrzeug gearbeitet werden.

Showtime

In diesem Moment nahmen die Testpersonen, die E-Löschlanze vor. Die Löschlanze wird, beispielsweise von oben durch ein Fenster, manuell in den Batteriekörper eingeschlagen, um die Batterie gezielt mit Wasser zu fluten. Das sind die einzelnen Schritte:

  • Montieren des passenden Verlängerungsrohres je nach Brandobjekt
  • Ankuppeln eines D-Schlauchs
  • Lanzenspitze in Position bringen und fixieren
  • Öffnen der Schlauchabsperrung
  • Mittels Schlagwerkzeug wird die Lanze in die Batterie getrieben.

Zu jeder E-Löschlanze wird auch eine Anwenderschulung gegeben und auch die Händler werden geschult. Die Feuerwehr erhält danach Schulungsmaterial für ihre eigenen Dienste.

Ergebnisse

Bei dem Test gelang es, den Thermal Runaway innerhalb er Batterie zu stoppen. Der Löschvorgang mit 2.500 l Wasser (davon 500 l über die Löschlanze) dauerte circa 20 min. Die Temperaturen im Fußraum sanken rasch von 550°C auf 90 °C. Die anschließenden Messergebnisse zeigten keine HV-Spannungen an den Messstellen. Die Messpunkte befanden sich innen sowie außen an Handschuhen und Stiefeln der helfenden Einsatzkräfte und an der Löschlanze selbst. Die Firma Murer zeigt sich zufrieden über das Ergebnis der jahrelangen Forschung. Geschäftsführer Ernst Müller hebt hervor, dass die Reaktion der Hochvolt-Batterie schnell unterbrochen werden konnte und der Wassereinsatz dabei gering bleibt.

Aus der Ferne: Hochvoltlöschsystem von Rosenbauer

Einsatz des Hochvoltlöschsystems von Rosenbauer: Es wird aus einem Abstand von 8 m aktiviert. Foto: Stefan Wagner

Auch die Firma Rosenbauer entwickelte eine neue Technologie zum Löschen von Elektrofahrzeugen. Das Rosenbauer-Löschsystem wurde auf der Florian 2021 vorgestellt. Im Gegensatz zur Löschlanze von Murer wird der Löschdorn bei diesem System nicht manuell in den Batteriekörper geschlagen, sondern automatisiert.

Funktionsweise

Löschdorn: Dieser wird in den Akku getrieben und setzt dort das Löschwasser frei. Foto: Stefan Wagner

Das System von Rosenbauer verbindet dabei besteht aus einer Lösch- und einer Bedieneinheit. So wird vorgegangen:

  • Die Einsatzkräfte positionieren die Löscheinheit am Akku, idealerweise zwischen Fahrzeug und Fahrbahn  (bei auf vier Rädern stehenden Fahrzeug)
  • Alterativ kann sie im Innen- und Kofferraum platziert oder auf der Oberseite platziert werden (bei seitlich oder auf dem Dach liegenden Fahrzeugen).
  • Aktivieren der Löscheinheit über die Bedieneinheit im Abstand von 8 m.
  • Dann wird ein Löschdorn mit mehreren Tonnen Kraft in den brennenden Akku getrieben und dieser darüber geflutet.

Das Wasser füllt dann das Batteriegehäuse aus und kühlt den Akku effizient. Die Wassermenge eines gewöhnlichen TLF/HLF und einer Normaldruckpumpe reicht dabei für einen Löscherfolg aus. Das verwendete Löschsystem kann während des Transports und am Quarantäneplatz im Akku verbleiben. So kann bei Bedarf erneut Wasser in das Akkugehäuse eingebracht werden.

Vor- und Nachteile der Systeme

Vorteile:

  • Der Einsatz der modernen Löschsysteme kann die Sicherheit der Einsatzkräfte erhöhen, besonders beim System von Rosenbauer, bei dem nach der Positionierung der Löscheinheit komplett aus sicherer Entfernung gearbeitet werden kann.
  • Die Handhabung ist vergleichbar einfach und die Systeme erhöhen die Bewegungsfreiheit während des Einsatzes.
  • Durch den punktgenauen Löschwassereinsatz werden Schäden durch Löschmittel gering gehalten und ein schnelles Ergebnis erzielt.

Nachteile:

  • Ein Nachteil gerade für kleinere Feuerwehren dürfte der Preis der Systeme sein.
  • Beim Rosenbauer-System muss die Löscheinheit auf einem sicheren Untergrund stehen, um die Genauigkeit des Löscheinsatzes sicherzustellen.
  • Die Murer-Löschlanze muss auch tatsächlich ausreichend weit in die Batterie getrieben werden, was zumindest ein wenig Übung erfordert.
  • Eine realistische Übung mit den Systemen zu gestalten erfordert einige Vorbereitung, sodass einige Feuerwehren einen Mangel an Übungsmöglichkeiten bemängeln

Bezüglich der beiden letzten Punkte bietet Murer jedoch eine gute Lösung an: Den E-Trainer.

 

Neue Trainingsmöglichkeit

Zu den auf Anwenderseite häufiger genannten Nachteilen gehört auch, dass es schwer ist, den Umgang mit diesen Spezialsystemen entsprechend zu üben. Hier kann der E-Trainer von Murer Feuerschutz eine Lösung sein. Denn damit wird kein elektrifiziertes Fahrzeug benötigt, um zu Trainieren. Der E-Trainer kann in jegliches Schrottauto (welches die Feuerwehr danach auch noch für andere Dienste verwenden kann) eingebaut werden, etwa im Fußraum. Damit kann der Aufbau des Löschangriffes und das Eintreiben Löschlanze geübt werden. Der E-Trainer simuliert den Einschlagwiderstand wie bei einer originalen Batterie.  Das Video demonstriert die Nutzung:

Clara Eisenreich
und Sarah Altendorfer

Mehr Infos

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