Neues Navigationssystem für die Feuerwehr Wuppertal

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Die Feuerwehr muss im Falle eines Einsatzes nicht nur zuverlässig am richtigen Ort ankommen – sondern das auch noch so schnell wie möglich. Die analoge Navigation mit Stadtkarten wurde dafür von digitalen Navigationssystemen abgelöst. Eine Feuerwehr aus dem Bergischen Land hat eine individuelle Lösung für ein Navigationssystem gefunden, die ihre speziellen Bedürfnisse voll berücksichtigt. 

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Zu enge Straßen, die ein schnelles Erreichen der Einsatzstelle behindern, sind nun kein Thema mehr. Foto: Feuerwehr Wuppertal.

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Auch Tonnage- und Höhenbeschränkungen können dank dem neuen Navigationssystem vermieden werden. Foto: Feuerwehr Wuppertal.

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Auch die Feuerwehr spürt den gesellschaftlichen Wandel. Mitarbeiter wechseln häufiger den Arbeitgeber und den Wohnort. Folglich kennen sich Fahrzeugbesatzungen nicht mehr so gut aus. Deswegen braucht auch die Feuerwehr heute gute Navigationssysteme, um so schnell wie möglich an den Einsatzorten anzukommen.

Ein digitales Navigationssystem für Wuppertal

Früher erfolgte die Navigation bei der Feuerwehr Wuppertal mit Kartenausdrucken durch das Alarmfernschreiben. Die Feuerwehrleute navigierten mit Stadtkarten und -plänen und mussten für die Einsätze zeitaufwändig die Stadtkarte an der Wand durchsuchen.

Weil ein Löschzug wegen einer Baustelle wertvolle Zeit verloren hatte, stellte man 2006 auf eine digitale Lösung um: Das Einsatzleitsystem Dalles mit dem Navigationssystem Da Vinci. Die Feuerwehr Wuppertal pflegte dafür ein eigenes Straßenvektornetz. Dieses kam sowohl im Einsatzleitsystem, als auch im Navigationssystem zum Einsatz. Das eigene Routingsystem wies Fahrzeugbesatzungen vor der Fahrt mit einem Popup-Fenster auf eine mögliche Routenänderung hin.

Mit der Neuerung des Digitalfunks schrieb die Feuerwehr 2015/2017 ihr Einsatzleitsystem neu aus. Weil sie darauffolgend auf ein neues Einsatzleitsystem wechselte, musste die Wehr auch das Thema Navigation komplett neu betrachten. Denn das bis dahin genutzte Navigationssystem konnte nicht abseits des alten Einsatzleitsystems als Stand Alone Lösung betrieben werden.
Ein weiteres Problem: Das seit 2006 im Einsatz befindliche Vektornetz konnte für neuere Navigationssysteme nicht ohne Weiteres auf den Stand der Technik umgewandelt werden. Die Datenbasis für das neue Einsatzleit- und Navigationssystem stammt von der Firma HERE. Die Feuerwehr hatte dort Straßenkarten mit der Lizenz zum Bearbeiten und Anpassen gekauft. Unterstützt wird sie dabei vom Ressort „Vermessung, Katasteramt und Geodaten“ der Stadt Wuppertal, das die Daten für sie aufbereitet. Gemeinsam entwickelte man ein Verfahren, um das vorhandene Kartenmaterial auf den aktuellsten Stand zu bringen. Deswegen suchte man nach einem Anbieter für eine Navigationssoftware, in die das eigene Straßennetz integriert werden kann.

Vier Anbieter kamen bei einer Recherche für ein neues Navigationssystem in die nähere Auswahl. Die infoware GmbH aus Bonn überzeugte schließlich mit Flexibilität, Funktionsumfang und Preis-Leistungs-Verhältnis ihrer Navigationssoftware MapTrip.

Anpassung der Straßenkarten und Sonderrechte abbilden

Gerade die individuelle Anpassung des routingfähigen Straßennetzes ist für die Feuerwehr essentiell. Denn ihre Navigationsbedürfnisse weichen stark von denen eines normalen Privatnutzers ab.
Die Wuppertaler Nordbahntrasse zum Beispiel ist eine ehemalige Bahnstrecke, die heute als Fahrradweg und Fußweg dient. Ein normales Navigationssystem würde im Auto-Modus dort nicht hinlotsen. Die Feuerwehr dagegen muss bei einem Unfall auf solche Strecken und in Fußgängerzonen navigieren können. Normale Navigationssysteme lassen das aber nicht zu. Die Nutzung des angepassten Straßennetzes ist mit MapTrip möglich. Die Feuerwehr kann so zu jeder beliebigen Stelle routen. Das gilt auch für Waldwege: Bei einem Unfall muss die Feuerwehr so nah wie möglich an die verletzte Person navigieren können. Das bedeutet, dass die Einsatzkräfte die letzten 100 Meter manchmal mit dem Navigationssystem in der Hand zu Fuß zurücklegen müssen. Bei einem normalen Navigationssystem müsste dafür in den Fußgängermodus umgeschaltet werden. Doch dafür sind oft die Datensätze nicht vorhanden.

Kurzfristige Änderungen wie eine eingerichtete Höhenbegrenzung, die eine Unterführung nicht mehr befahrbar machen, lassen sich sofort einpflegen und Neubaugebiete schon in der Entstehungsphase in das Straßennetz aufnehmen. Auch Brücken oder Tunnel, die durch Sonderrechte trotz einer Tonnagebeschränkung mit den schweren Fahrzeugen der Feuerwehr befahren werden dürfen, lassen sich im Vektormaterial bearbeiten. Eine Hauptverkehrsstrecke in Wuppertal führt zum Beispiel durch einen Tunnel, in dem aus Brandlastgründen eigentlich kein Schwerverkehr zugelassen ist. Auch temporäre Änderungen eines Straßenverlaufes oder auch Straßenfeste lassen sich nun berücksichtigen. Hinterhöfe, deren Hausnummer näher an einer anderen Straße liegen, können kurzfristig im Straßennetz ergänzt werden.

Die Feuerwehr Wuppertal unterscheidet zwischen der Navigation für Deutschland und für Wuppertal. Auf diese Weise können auf kleineren Karten mit geringerem Datenvolumen Daten schneller bearbeitet und Baustellen implementiert werden.

Optimierte Routen für Großfahrzeuge

Durch das neue System konnten die Fahrtrouten für Großfahrzeuge insgesamt optimiert werden. Bei einem fahrzeugprofilabhängigem (Lkw/Pkw) Routing lassen sich so ideale Strecken finden. Kleine, enge Straßen werden mit Löschfahrzeugen zum Beispiel erst auf den letzten 100 Metern befahren. Es wird zudem eine realistische Geschwindigkeit angegeben, die für einen Löschzug gilt, der mit Sonderrechten fährt.

Ein normales Navigationssystem kann das nicht leisten, ohne zwischen den verschiedenen Benutzermodi Pkw und Lkw zu wechseln. Daraus resultieren aber andere, gravierende Probleme: Das System würde dann auch engere Straßen nutzen, die für ein Feuerwehrfahrzeug nicht ausgelegt sind. Und eine Umschaltung von Pkw auf Fuß- oder Radweg würde eventuell über Fußgängerbrücken oder Treppen führen.

Updates entfallen

Die Feuerwehr hatte lange Probleme mit Karten-Updates, da kein Hersteller ihre Bedürfnisse und Besonderheiten berücksichtigen konnte. Updates erfolgten oft erst nach einem halben oder einem ganzem Jahr. Das ist für die Feuerwehr natürlich viel zu spät. Der jahrelange Umbau des Döppersberg sowie die Sperrung der Brändströmstraße haben gezeigt, dass das Update über die Freigabe der Straßen mehrere Monate oder sogar Jahre gedauert haben. Haben große Anbieter neugebaute Straßen noch nicht in ihre Straßennetze aufgenommen, können gerade dort Unfälle passieren. Darauf muss die Feuerwehr vorbereitet sein. Heute ist die Feuerwehr Wuppertal dank der individuellen Anpassbarkeit der Navigation nicht mehr auf externe Updates angewiesen.

Automatisierte Einsatzadresse aus dem Leitsystem

Jetzt empfangen die Fahrzeuge vor dem Fahrtantritt eine genaue Einsatzadresse in Form einer Koordinate aus dem Einsatzleitsystem: Auf dem Bordcomputer erscheint unter anderem die Art des Alarm, taktische Informationen sowie weitere nützliche Hinweise. Außerdem werden den Besatzungen alle beteiligten Einsatzmittel wie Löschfahrzeuge, Einsatzleitfahrzeuge, die Drehleiter oder Notarzt angezeigt. Die Besatzungen klicken nur noch auf den Navigationsbutton. Die Einsatzadresse müssen sie nicht mehr manuell eingeben. MapTrip startet dann sofort. Durch das Koordinaten-Routing spart die Feuerwehr viel Zeit.

Außerdem gibt es die Möglichkeit der sogenannten Rendezvous-Einsatzstelle. Darüber kann sich zum Beispiel ein verspätetes Notarzteinsatzfahrzeug per Klick zu einem Rettungsmittel navigieren lassen, das sich bereits in Bewegung gesetzt hat und nicht mehr an der Einsatzstelle steht. Alle 115 Fahrzeuge der Wuppertaler Feuerwehr samt Löschfahrzeugen und Rettungsdienst verfügen über MapTrip.

Fazit

Schlecht gewählte Routen, Zeitverzögerungen durch unbekannte Hindernisse oder fehlende Updates gehören der Vergangenheit an: „Dank der individuellen Anpassbarkeit des Kartenmaterials in der Navigationssoftware haben wir eine Navigation, die uns schnell und mit der optimalen Routenführung an den Einsatzort führt“, fassen Brandamtmann Dirk Schucka von der Wuppertaler Feuerwehr und Sandra Rickert vom Katasteramt zusammen.

Nadja Müller
WORDFINDER LTD. & CO. KG

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