Prototyp: DGzRS entwickelt Nachfolger eines bewährten Seenotrettungsboots

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Die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) nimmt Kurs auf die Zukunft: Sie entwickelt einen Nachfolger für ihre bewährten Seenotrettungsboote der 9,5-/10,1-Meter-Klasse. Der Prototyp ist beauftragt und soll sich ab 2026 dem Praxistest stellen.

Visualisierung neuer Prototyp
Erste, unverbindliche Visualisierung der neuen Seenotrettungsboot-Klasse. Foto: Rendering: R2 Marine

Auf zu neuen Ufern

Rund 30 Jahre – so lang ist ein Seenotrettungsboot bei der DGzRS durchschnittlich im Einsatz. Für die zwischen 1999 und 2002 in Dienst gestellten ersten Boote der 9,5-/10,1-Meter-Klasse ist damit der „Ruhestand“ in Sichtweite. Insgesamt sind aktuell noch mehr als 30 Exemplare in drei Generationen dieses Spezialschiffes im Einsatz.

Die Seenotretter* standen also vor der alles entscheidenden Frage: Weiterentwicklung des bewährten Typs – oder eine völlig neue Klasse an Seenotrettungsbooten entwickeln? Sie entschieden sich für einen neuen Bootstyp.

Anforderungen an die neue Klasse der Seenotrettungsboote

Für ihre Vision legten die Seenotretter fest, was die neue Seenotrettungsboot-Klasse können sollte. Einige Merkmale sind bereits Standard für die Seenotrettungsboote der DGzRS und gehörten auch zu den Pflichtaufgaben der neuen Klasse:

  • Selbstaufrichtefähigkeit, um nach dem Kentern wieder in die normale Schwimmlage kommen zu können
  • hohe Seetüchtigkeit, also die Tauglichkeit, marinen Gefahren wie Sturm und starkem Seegang zu trotzen
  • Geringer Tiefgang, um auch in küstennahen Gewässern einsatzfähig zu sein

Darüber hinaus sollte der neue Prototyp auch Verbesserungen bringen, wie die DGzRS bekannt gibt:

  • Fahrstand und Antriebsstrang sind getrennt: Das schafft nicht nur ruhigere Arbeitsbedingungen für die Besatzung, sondern erleichtert auch den Transport Schiffbrüchiger: So müssen die Seenotretter mit der Bergungstrage nicht mehr über den Maschinenraum steigen, um Verletzte in den geschützten Innenraum zu bringen
  • Die Kommunikations- und Navigationstechnik wird auf den neuesten Stand gebracht: Dabei sollen die Anlagen intuitiv bedienbar und robust sein.
  • Redundante Systeme: Das gilt neben der verbauten Technik auch für die beiden Antriebsstränge (Doppeljet-Antrieb), die komplett unabhängig voneinander betrieben werden können
  • Die Manövrierfähigkeit ist verbessert: Ausgangspunkt dafür sind doppelte Wasserstrahlantriebe.
  • Die neue Seenotrettungsboot-Klasse wird deutlich schneller fahren können. Die maximale Geschwindigkeit wird bei rund 30 Knoten liegen, die Marschgeschwindigkeit bei ca. 25 Knoten.
Seenotrettungsboot der 9,5-/10,1-Meter-Klasse
Hans Ingwersen gehört zu den „Alten“ Seenotrettungsbooten der 9,5-/10-1-Meter-Klasse. Sie wurde 2000 in Dienst gestellt, damals auf der Station Travemünde. Heute fungiert sie als Springer an verschiedenen Stationen. Foto: Alexander Krüger/DGzRS

Beste Arbeitsbedingungen

Kluges Design reduziert die Geräusche am Fahrstand. Dafür ist das Deckhaus komplett elastisch gelagert. Die gesamte Crew wird komfortabel auf gefederten Sitzen Platz finden. Wie auch auf den Seenotrettungskreuzern blicken die Besatzungsmitglieder vom Fahrstand aus durch Spezielles Hochsicherheitsglas. Dabei genießen sie eine gute Rundumsicht – das haben Versuche an einem 1:1-Modell aus Holz (Mockup) bestätigt. Bei Arbeiten am Deck sichern verschiedene Leinensysteme die Seenotretter. Das umlaufende Fendersystem wird komplett begehbar sein.

Schiffbrüchige werden,  wie schon bei den aktuell eingesetzten Seenotrettungsbooten, in einem Raum im Vorschiff medizinisch versorgt und betreut. Rettungsgeräte lagern an Deck. Dafür ist eigens viel Freifläche vorgesehen. Um Personen effektiv aus dem Wasser retten zu können, befindet sich am Heck eine tiefliegende Bergungsplattform.

Ein Positionierungssystem hält das neue Seenotrettungsboot automatisch an Ort und Stelle. So kann der Vormann vom Innen- zum äußeren Manövrierfahrstand wechseln, etwa bei der Bergung aus dem Wasser oder beim Manövrieren am Havaristen oder im Hafen.

Technische Daten (vorläufig)
Maße (L x B) 12,75 x 4,18 m
Tiefgang 0,76 m
Verdrängung 11,5 t
Leistung zweimal 313 kW (425 PS) auf Jets
Höchstgeschwindigkeit 34 Knoten

Partner für den Bau des Prototyps

Die DGzRS hat sich erfahrene Partner gesucht, um den Prototypen umzusetzen. Die finale Planung beruht auf einem Schiffsdesign der finnischen Firma Arctic Boats Oy, die den Auftrag für den Bau erhielt. Die Rumpflaminierung verantworte das Unternehmen Boomeranger Boats, während WD Steelworks die Ausstattung liefert. Für Versuche kam ein Versuchstank der Aalto-Universität in Espoo (in der Nähe der finnischen Hauptstadt Helsinki) zum Einsatz, in dem sich das laut Berechnungen hervorragende Seegangsverhalten bestätigen ließ.

Anstelle des bisher genutzten Aluminiums kommt für die neue Seenotrettungsboot-Klasse glas- und kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff (GFK/CFK) zum Einsatz. Das spart Gewicht, reduziert die Kosten für Bau und Unterhalt und erleichtert die Instandhaltung. Ohne Abstriche bei der Robustheit. Durch das moderne Material können die Seenotretter alle Räume an Bord komplett frei gestalten.

Blick von oben auf den Prototyp (Visualisierung)
Mit geringem Tiefgang, 34 Knoten Höchstgeschwindigkeit und guter Manövrierfähigkeit soll der neue Prototyp überzeugen. Foto: Rendering: R2 Marine

So geht es weiter 

Momentan (Stand: April 2025) entsteht in Finnland ein erster Prototyp des neuen Seenotrettungsboots. Der Bau wird nach aktuellem Plan im Frühjahr 2026 abgeschlossen sein. Anschließend ist ein Kenterversuch geplant. Geht alles gut, folgt der Test in der Praxis: An mehreren DGzRS-Stationen an Nord- und Ostsee wird der Prototyp intensiv erprobt. Sollten alle Versuche erfolgreich sein, geht er in Serie. g aller Versuche – in Serie gehen wird.

Eine genaue Typbezeichnung steht noch nicht fest. Der Prototyp läuft bei der DGzRS unter der Registriernummer SRB 90.

Quelle: Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS)

 

*Die Seenotretter nennen sich offiziell so. Selbstverständlich umfasst diese Bezeichnung alle DGzRS-Angehörigen unabhängig ihres Geschlechtes. 

 

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