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Deichverteidigung mit eigenem Übungsdeich in Bleckede

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Der Bau möglichst hoher Deiche reicht allein nicht aus, um Menschen vor Hochwasser zu schützen und Uferregionen vor Landverlust zu bewahren. Im Notfall muss die Deichverteidigung sofort einsatzbereit sein. Ein Ausbildungsbeispiel von der FF Bleckede aus Niedersachsen.


Erschienen in: FEUERWEHR Ausgabe 5/2024

Einsatzkräfte bei der Deichverteidigung
Gemeinsam anpacken: Nur mit zahlreichen Einsatzkräften, die „Hand in Hand“ arbeiten, können die Sandsäcke auf den Deich transportiert werden. Foto: Carsten Schmidt

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Deichverteidigung ist überlebensnotwendig – das weiß man (nicht nur) in Hamburg und Niedersachsen spätestens seit der katastrophalen Sturmflut von 1962, bei der 340 Menschen ihr Leben ließen. „Auch die höchsten Deiche geben keine absolute Sicherheit“1: Was der Niedersächsische Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) im Rückblick auf die damaligen Ereignisse schreibt, gilt umso mehr in Zeiten des Klimawandels und der durch ihn verursachten Starkregenereignisse. Die sog. „Jahrhunderthochwasser“ an der Elbe in den Jahren 2002, 2006, 2011 und 2013 haben gezeigt, wie wichtig gut ausgebildete Einsatzkräfte und freiwillige Helfer für die Deichverteidigung sind.

Hochwasserschutz und Deichkontrolle

Hochwasserschutz beginnt schon mit vorbeugenden Maßnahmen wie der Renaturierung von Flusslandschaften, dem Vermeiden übermäßiger Bodenversiegelung und natürlich mit dem Bau von Deichen, deren Konstruktion sich immer an den jeweiligen örtlichen Gegebenheiten orientieren muss. Zwei Faktoren sind dabei vor allem für ihre Standsicherheit verantwortlich: zum einen ihr innerer Aufbau und das dafür verwendete Material, zum anderen die Deichgeometrie.

Dieser Beitrag erschien in FEUERWEHR 5/2024.
Hier finden Sie einen Auszug der Ausgabe mit dem Bericht als PDF:Zum Artikel

 

Sandsachfüllung
Sandsackfüllung: Diese dürfen nur zu etwa zwei Drittel gefüllt werden, damit sie gut verschließbar und stapelbar sind. Foto: Carsten Schmidt

Innerer Aufbau

Deiche besitzen i. d. R. einen Kern aus Kies oder Sand. Dieser Deichkern ist ummantelt von der sog. „Dichtschicht“, einer Schicht aus dichterem, ton- oder lehmhaltigem Material, z. B. Meeresschlick. Die Dichtschicht soll verhindern, dass Wasser in den Kern durchsickert. Auf ihr wird meist als dritte Schicht eine dichte Grasnarbe gepflanzt, deren tiefes Wurzelwerk vor Erosion schützt.

Deichgeometrie

Für die Deichgeometrie gilt als Faustregel, dass die Böschungsneigungen nicht steiler als 1:2 sein sollten. Für Stabilität sorgt auch eine möglichst ausgedehnte Deichkrone von mindestens 3 m Breite.2 In den letzten Jahren haben sich aus diesem Grund die Bauformen der meisten Deiche stark verändert: „Im Besonderen die Neigungswinkel der Außen- und Innenseiten der Deiche sind flacher geworden, um den angreifenden Fluten eine größere Angriffsfläche zu bieten.“3 Wirkt langanhaltendes Hochwasser mit hohem Wasserspiegel auf einen Deich ein, beobachtet die Deichkontrolle die Sickerwasseraustritte, deren Ort, Menge und Art Auskunft über den Gefährdungsgrad gibt: „Punktuelle Austritte, zunehmende Wassermengen und Trübungen des austretenden Sickerwassers bedeuten Erhöhung des Gefährdungsgrades. […] Je feuchter der Deich, desto empfindlicher reagiert er auf Belastungen und Erschütterungen.“4 Der Austritt von trübem Sickerwasser mit Austrag von feinem Bodenmaterial weist auf eine innere Erosion des Deiches hin, die zu seiner Verformung führen kann und seine Standsicherheit gefährdet. In dieser Gefahrenlage ist sofortiges Handeln angezeigt, um ein Überströmen und den daraus resultierenden Deichbruch zu verhindern.

Kettenbildung: Transport von Sandsäcken auf den Deich. Foto: Carsten Schmidt
Kettenbildung: Transport von Sandsäcken auf den Deich. Foto: Carsten Schmidt
Aufgaben der Deichverteidigung – Beispiele
Der Sandsack ist eines der wichtigsten Arbeitsmittel der ausgebildeten Einsatzkräfte und freiwilligen Helfer. Sandsäcke können u. a. eingesetzt werden

  • zum Bau von Sandsackwällen und Aufkadungen,
  •  zur Stabilisierung des Deiches auf der Landseite,
  • zur Errichtung von Quellkaden5,
  • zum Sichern lokaler Schadstellen,
  • als Flächenauflast sowie
  • zum Leiten von Starkregen.

Der richtige Umgang mit Sandsäcken gehört darum zu den wichtigsten Aufgaben, die in der Ausbildung trainiert werden müssen. Es wird u. a. geübt, wie Sandsäcke gefüllt und verlegt werden, wie man eine Sandsackkette bildet und wie ein Sandsackdamm – als Deicherhöhung oder als Eindeichung von Objekten – von innen nach außen im Ziegelverbund aufgebaut wird. Auch die Deichfußsicherung bei starker Durchnässung und in der Nachsorge die (provisorische) Absicherung einer Ausschlagung durch das Auffüllen mit Sandsäcken sind Teil der Ausbildung.6

Die Situation in Bleckede (NI)

2002 und 2006 waren Teile des Stadtkerns im niedersächsischen Bleckede (Landkreis Lüneburg) sowie die Ortsteile Walmsburg und Alt Garge noch ohne einen für die extremen Hochwasserstände ausreichenden Deich. Somit wurde es erforderlich, provisorische Dämme zu bauen, die auch erfolgreich verteidigt werden konnten: Hunderttausende Sandsäcke wurden gefüllt und – teilweise auch per Schute – an das Ostufer der Elbe transportiert. 2011 waren Bleckede und Walmsburg dann bereits eingedeicht. Nur Alt Garge musste noch mit provisorischen Dämmen verteidigt werden. Im Jahr 2013 war die Lage eine komplett andere: Das gesamte Stadtgebiet war zwar eingedeicht, aber die Prognosen für die Elbe lagen über der vorhandenen Deichhöhe. Die Deiche im Landkreis Lüneburg wurden auf über 70 km Länge erhöht.

Quellkade
Quellkade zur Reduzierung des hydraulischen Gefälles: Schnelles Arbeiten hält die Stiefel trocken. Foto: Carsten Schmidt

Ausbildungsfläche mit Übungsdeich

Nach dem Hochwassereinsatz 2013 wurde Geld in die Hand genommen: Im Jugendfeuerwehrraum wurde eine Kommunale Einsatzleitung (KEL) fest installiert und einsatzbereit gehalten. Für die Jugendfeuerwehr wurde an das Feuerwehrhaus angebaut. Eine Fläche von über 2.500 m² wurde befestigt, Flutlichtmasten wurden aufgestellt und man richtete eine zweite Zufahrt zum Gelände ein. Diese Maßnahmen gehören zur Umsetzung des „Einsatzplans Hochwasser“ – ebenso wie die bereits einsatzbereit gemeldete Örtliche Einsatzleitung (ÖEL) im Feuerwehrhaus.

Diese neu eingerichtete Fläche wird aber zukünftig nicht nur als vorgeplante Sandsackfüllstation für Hochwassereinsätze dienen, sondern auch als Ausbildungsfläche genutzt werden. Neben Containern für die Ausbildung wurde für die vorgeplante Sandsackfüllstation ein Sandlager eingerichtet. Der Sandberg erhielt vom Deichverband die Böschungswinkel der Elbdeiche. Vor der Begrünung wurden Schläuche in den Sandberg gelegt. So entstand der „kürzeste Deich Niedersachsens“: der Übungsdeich am Feuerwehrhaus in Bleckede. Hier wird das Tagesseminar Deichverteidigung für die Kreisfeuerwehr Lüneburg durchgeführt.

Bestandteile der Ausbildung: Sandsackfüllung und Palettierung. Foto: Carsten Schmidt
Bestandteile der Ausbildung: Sandsackfüllung und Palettierung. Foto: Carsten Schmidt

Ein typischer Ausbildungstag

Der Tag beginnt mit der umfangreichen Theorie zum Aufbau der Deiche, zu Schadensbildern und den Maßnahmen der Feuerwehr. Nach der Theorie werden an drei Stationen über 600 Sandsäcke gefüllt. Im Einsatz ist hierbei die Sandsackfüllmaschine des Landkreises, in zwei weiteren Ausbildungseinheiten werden die Sandsäcke per Hand gefüllt. Die gefüllten Sandsäcke werden an allen weiteren Stationen benötigt: Flächenauflast, Aufkadung und der Bau von Quellkade und Deichfußsicherung mit den realitätsnahen Sickerstellen am „Übungsdeich“. Das Konzept zu dieser Fortbildung wurde von Feuerwehr, Artlenburger Deichverband (ADV) und dem Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) entwickelt. Das Ausbilderteam und die Logistik werden von den Mitgliedern der Feuerwehr Bleckede und durch den Bauhof der Stadt Bleckede gestellt.Im April 2024 war es bereits die 8. Tagesfortbildung für die Kreisausbildung – zusammen mit dem Testseminar wurden somit knapp 300 Einsatzkräfte in Deichverteidigung ausgebildet.
Die Ausbildung am „kürzesten Deich des Landkreises“ ist somit ein echtes Erfolgsprojekt und ein wichtiger Baustein in der Vorbereitung auf zukünftige Hochwasserereignisse. Neben den Feuerwehren haben auch Soldaten der 2. Batterie des Artillerielehrbataillons 325 die Ausbildung absolviert: Die Einheit war beim Hochwasser 2013 in Bleckede eingesetzt und seitdem besteht eine enge Freundschaft mit der Feuerwehr. Im Jahr 2023 hat die Stadt Bleckede eine offizielle Patenschaft mit den in Lüneburg stationierten Artilleristen geschlossen.

Carsten Schmidt (Feuerwehr Bleckede),
Redaktion

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