Skyscraper_Kalender_KW49

Gerichtsbeschluss: Rettungsgasse duldet keinen Aufschub

Cover der Feuerwehr

Mehr aktuelle Beiträge und Einsatzberichte finden Sie in:
FEUERWEHR | RETTEN – LÖSCHEN – BERGEN
Deutschlands große Feuerwehrzeitschrift
JETZT LESER/-IN WERDEN

Wenn der Verkehr zum Stillstand gekommen ist oder die Fahrzeuge nur noch in Schrittgeschwindigkeit fahren, muss eine Rettungsgasse gebildet werden. Und zwar sofort und ohne  Bedenkzeit – zu diesem Urteil kam das Oberlandesgericht Oldenburg am 20. September 2022.

Rettungsgasse mit durchfahrendem Hlf
Überlebenswichtig: Beim Bilden der Rettungsgasse darf keine Zeit verloren werden – so urteilte nun auch das Oberlandesgericht Oldenburg (Symbolbild). Foto: (c) MATTHIAS BUEHNER – stock.adobe.com

Der aktuelle Gerichtsbeschluss

Wenn eine Rettungsgasse gebildet werden muss, dann muss das sofort sein, nachzulesen in § 11 Abs. 2 StVO (siehe unten). Eine Überlegungsfrist besteht dabei nicht. Zu diesem Entschluss kam das Oberlandesgericht Oldenburg per Beschluss vom 20.09.2022 (2 Ss (OWi) 137/22). Grundlage der Entscheidung war die Rechtsbeschwerde eines Autofahrers. Dieser war zuvor (am 14. Juni 2022) durch das Amtsgericht Vechta zur Zahlung einer Geldbuße in Höhe von 230 € verurteilt worden, da er im stockenden Verkehr auf der Bundesautobahn 1 an einer Baustelle nicht sofort die Rettungsgasse gebildet hatte. Das Urteil lautet auf „fahrlässiges Nichtbilden einer Rettungsgasse“. Doch der Autofahrer wandte sich gegen dieses Urteil und legte eine Rechtbeschwerde ein, da er es für klärungsbedürftig hielt, ab welchem Zeitpunkt des Stillstandes oder des nur in Schrittgeschwindigkeit fließenden Verkehrs eine Rettungsgasse zu bilden sei. Allerdings sah dies das Oberlandesgericht Oldenburg anders und verwarf die Rechtsbeschwerde als unbegründet.

Zur Begründung

Begründend wurde angeführt, dass die StVO keine zeitliche Komponente des Stillstandes für die Bildung der Rettungsgasse voraussetzt. Daher setzte die Pflicht zur Bildung einer Rettungsgasse sofort ein, sobald der Verkehr nur noch in Schrittgeschwindigkeit rollt oder zum Stehen kommt. In der Begründung gibt das Gericht an, dass der Betroffene zudem wegen des andauernden Stop-and-go-Verkehrs auch mit längeren Phasen des Stillstandes habe rechnen müssen. Außerdem geben die drei entscheidenden Richter zu bedenken, dass das Einräumen einer Überlegungsfrist im schlimmsten Fall bedeuten würde, dass Autofahrer/-innen zunächst keine Rettungsgasse bilden und dann aufwendig rangieren müssten – womöglich mit Behinderung eines Einsatzfahrzeuges.

Rechtslage zur Rettungsgasse

Deutschland

§ 11 Abs. 2 StVO:

„Sobald Fahrzeuge auf Autobahnen sowie auf Außerortsstraßen mit mindestens zwei Fahrstreifen für eine Richtung mit Schrittgeschwindigkeit fahren oder sich die Fahrzeuge im Stillstand befinden, müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äußerst linken und dem unmittelbar rechts daneben liegenden Fahrstreifen für eine Richtung eine freie Gasse bilden.“

Für Verstöße werden ein Bußgeld von mind. 200 Euro, zwei Punkte im Verkehrszentralregister Flensburg und ein Fahrverbot fällig.

Österreich

§ 46 Abs., 6 der StVO besagt hier:
Stockt der Verkehr auf einer Richtungsfahrbahn in einem Abschnitt mit mindestens zwei Fahrstreifen, so müssen Fahrzeuge für die Durchfahrt von Einsatzfahrzeugen in der Mitte zwischen den Fahrstreifen, in Abschnitten mit mehr als zwei Fahrstreifen zwischen dem äußerst linken und dem daneben liegenden Fahrstreifen, eine freie Gasse bilden (Rettungsgasse); diese Gasse darf, außer von Einsatzfahrzeugen, nur von Fahrzeugen des Straßendienstes, Fahrzeugen des Pannendienstes und Leichenwägen benützt werden.“

Wer trotz passender Voraussetzungen keine Rettungsgasse bildet oder diese befährt, begeht eine „Verwaltungsübertretung“, bestraft mit einer Geldstrafe von 36 bis 2.180 Euro oder, wenn er diese nicht leisten kann, mit einer Freiheitsstrafe von 24 Stunden bis sechs Wochen (§ 99 Abs. 2c, Satz 9 und 10 StVO).

Schweiz

Art. 27 Abs. 2 Straßenverkehrsgesetz (SVG):
„Den Feuerwehr-, Sanitäts-, Polizei und Zollfahrzeugen ist beim Wahrnehmen der besonderen Warnsignale die Strasse sofort freizugeben. Fahrzeuge sind nötigenfalls anzuhalten.“

Art. 36 Abs. 7 Verkehrsregelnverordnung (VRV):
„Fahren auf Autobahnen und Autostrassen mit mindestens zwei Fahrstreifen in eine Richtung die Fahrzeuge mit Schrittgeschwindigkeit oder befinden sie sich im Stillstand, so müssen diese Fahrzeuge für die Durchfahrt von Polizei-, Sanitäts-, Feuerwehr-, Zoll- und Hilfsfahrzeugen zwischen dem äussersten linken und dem unmittelbar rechts danebenliegenden Fahrstreifen eine freie Gasse bilden.“

Die Nichtbeachtung wird seither auch nach Regelung der Ordnungsbussenverordnung (OBV) vom 20. Mai 2020 mit einem Bußgeld von 100 Schweizer Franken geahndet. Die Änderung der VRV und des OBV sind seit dem 1. Januar 2021 in Kraft. Seither gilt also das explizite Gebot, eine Rettungsgasse zu bilden.

Redaktion

Mehr Infos

Sie wollen regelmäßig aktuelle Einsatzberichte, Techniknews und Fahrzeuginfos der FEUERWEHR erhalten? Dann melden Sie sich jetzt für unseren kostenlosen E-Mail-Newsletter an!

One thought on “Gerichtsbeschluss: Rettungsgasse duldet keinen Aufschub

  • 16. November 2022 um 20:14
    Permalink

    Richtig, bei Stau oder langsamfahrend Verkehr Rettungsgasse! . Was ich nicht verstehe ist das es hierfür noch immer kein Verkehrsschild gibt. In Holland steht überall auf den Autobahnen oder Straßen ein blaues rechteckiges Schild mit weißen Aufdruck. Übersetzt:“BEI BLAULICHT MACHE DEN WEG FREI.“ Es ist leicht zu erkennen und sehr deutlich ,weiße PKW’s auf blauem Feld die getrennt sind wenn ein Blaulicht (in Holland zwaailicht) ankommt.
    Bei uns hängen selbstgemachte oder entworfen Banner die nicht viel Eindruck machen, oder schlecht zu erkennen sind.

    Antwort

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert