Sonder- und Wegerecht: Das gilt für Einsatzfahrzeuge und private Pkw

2024_05

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Beim Einsatz muss es schnell gehen. Daher ermöglichen Sonder- und Wegerechte Feuerwehren, Rettungsdiensten und Katastrophenschutzeinheiten ein schnelles Vorankommen. Was ist erlaubt und was nicht? Und kann ich meinen privaten Pkw mit Sonderwarneinrichtungen ausstatten lassen?

Feuerwehrfahrzeug bei einer Einsatzfahrt unter Nutzung von Sonder- und Wegerecht.
Erfüllung hoheitlicher Aufgaben: Feuerwehrfahrzeug bei einer Einsatzfahrt unter Nutzung von Sonder- und Wegerechten. Foto: © Michael Stifter – stock-adobe.com

Die besonderen Rechte im Einsatzfall regeln v. a. § 35 (Abs. 1 und Abs. 5a mit Abs. 8) Straßenverkehrsordnung (StVO), der die Sonderrechte zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben festlegt, sowie  § 38 Abs. 1 und 2 StVO, der Wegerechte unter Nutzung von Blaulicht und Einsatzhorn definiert.

Sonderrechte: Was ist im Einsatzfall erlaubt?

Generell gilt die StVO immer und für jeden Fahrer bzw. jede Fahrerin. Im Zuge des § 35 Abs. 1 StVO gibt es aber Ausnahmen: Denn dieser befreit bestimmte Gruppen von der Straßenverkehrsordnung, z. B. Angehörige der Bundeswehr und der Polizei, Katastrophenschutzangehörige und Einsatzkräfte der Feuerwehr. Dies dient dazu, Einsätze zu erleichtern und im Ernstfall Menschenleben zu retten.

Erlaubt ist dann z.B.:

  • Überschreiten des Tempolimits
  • Fahren gegen die Fahrtrichtung und auf Gehwegen
  • Missachtung von Rotlicht an Ampelanlagen
  • Parken im Halteverbot

Aber Achtung: Diese Sonderrechte sollten stets mit Vorsicht und unter Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmende genutzt werden.

Die Sonderrechte sind nicht nur auf bestimmte Personengruppen beschränkt, sondern auch auf bestimmte Situationen. Sie gelten nur bei der „Erfüllung einer hoheitlichen Aufgabe“ mit „dringender Gebotenheit“:

  • Rettung von Menschenleben
  • Abwenden von Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung
  • Erhalten bedeutender Sachwerte

Das bedeutet beispielsweise: Wenn Feuerwehrangehörige zum Feuerwehrhaus fahren, um sich auf einen Einsatz vorzubereiten, der in den nächsten Stunden eintreten wird, gelten für sie keinerlei Sonderrechte. Das gilt im Regelfall auch für Bewegungsfahrten. Fahrten im Rahmen von Feuerwehrübungen sind allerdings Teil der hoheitlichen Aufgabe, daher können hier die Sonderrechte in Anspruch genommen werden.

Sondersignalanalgen (Blaulicht und Folgetonhorn) auf einem Feuerwehrfahrzeug.
Sondersignalanlagen: Nur während sie genutzt werden, gilt das besondere Wegerecht nach § 38 StVO (Symbolbild): Foto: © johnmerlin – stock-adobe.com

Wegerecht: Die Blaulichtfahrt

In § 38 (Abs. 1 und 2) StVO wird ergänzend das sogenannte Wegerecht festgelegt. Dieses stellt sicher, dass Einsatzfahrzeuge bei der Erfüllung hoheitlicher Aufgaben Vorrang vor anderen Verkehrsteilnehmenden haben. So müssen andere Autofahrer/-innen den Einsatzfahrzeugen stets die Vorfahrt gewähren und ihnen bei Bedarf ausweichen. Auch die Rettungsgasse, die gesondert gesetzlich geregelt ist, dient der Wahrung dieser Wegerechte. Voraussetzung, um das Wegerecht nutzen zu können, ist die Verwendung der Sondersignalanlagen (Blaulicht und Folgetonhorn, nicht nur eines von beiden).

Auch hier gilt: Maschinistinnen und Maschinisten müssen auch bei einer Einsatzfahrt  sicher, vorausschauend und mit Bedacht fahren. Sie sollten immer abwägen, ob sie auch ohne Nutzen der Sonderrechte schnell ans Ziel kommen können.

Rettungsgasse auf einer Autobahn mit EInsatzfahrzeug, das sein Wegerecht nutzt.
Rettungsgasse: Auch sie sichert das Wegerecht von Einsatzfahrzeugen (Symbolbild). Foto: © MATTHIAS BUEHNER – stock-adobe.com

Was gilt im privaten Pkw?

Wegerechte gibt es im privaten Pkw grundsätzlich nicht, da sie nur unter Nutzung von Sondersignalanlagen wahrgenommen werden können. Etwas anders sieht es bei Sonderrechten aus, die mit gegebener Vorsicht auch in privaten Fahrzeugen gelten können, wenn z. B. Feuerwehrangehörige nach einem Alarm auf dem Weg zum Feuerwehrhaus sind. Allerdings ist die Rechtsprechung hierzu nicht einheitlich. Bei einem Unfall können die Fahrer/-innen persönlich haftbar gemacht werden! Bei der Einschätzung dessen, was noch erlaubt und angemessen ist, zählt auch das Einsatzstichwort: Ein Großbrand mit Menschenleben in Gefahr rechtfertigt eine andere Fahrweise als ein Unwettereinsatz, bei dem keine Menschen oder Tiere in Lebensgefahr sind.

Feuerwehrangehörige sollten bedenken, dass sie im privaten Pkw nicht als solche wahrgenommen werden. Das kann schnell gefährlich werden, da andere Verkehrsteilnehmende die Situation nicht richtig einordnen. Viele Feuerwehrangehörige nutzen deshalb bspw. magnetische Dachschilder mit Aufschriften wie „Feuerwehr im Einsatz“. Diese Schilder können zwar ggf. dafür sorgen, dass andere Verkehrsteilnehmende die Situation besser einschätzen. Sie geben den Nutzern und Nutzerinnen aber keinerlei besondere Berechtigungen!

Magnetisches Dachschild mit der Aufschrift "FEUERWEHR im Einsatz" auf einem privaten Pkw.
Magnetische Dachschilder: Viele Feuerwehrangehörige nutzen solche Schilder. Doch Vorsicht: Die Schilder gewähren keinerlei Sonderrechte im Straßenverkehr und entbinden nicht von der Pflicht, auch die Fahrt zum Gerätehaus bei einem Einsatz sicher und vorsichtig zu bestreiten. Foto: Sarah Altendorfer

Sonderfall: Der private Pkw als Einsatzfahrzeug 

Um Wegerechte in Anspruch nehmen zu können, müssen Sondersignalanlagen vorhanden sein und genutzt werden. Diese sind nach § 52 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 und § 55 Abs. 3 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) auf Einsatz- und Kommandofahrzeuge beschränkt. Allerdings können Regierungen auf Antrag im Einzelfall auch ein privates Fahrzeug zeitweise als Einsatz- und Kommandofahrzeug anerkennen. Das bedeutet, dass das Fahrzeug für die Zeit des dringenden Einsatzes zur hoheitlichen Gefahrenabwehr auch Sondersignalanlagen nutzen darf.

Das Bayerische Staatsministerium des Innern, für Bau und Verkehr hat dazu Anwendungshinweise (AH-StVO) veröffentlicht, die zuletzt im Februar 2023 aktualisiert wurden.

Damit ein privates Fahrzeug die Anerkennung als Einsatz- und Kommandofahrzeug erhält, müssen diese Voraussetzungen erfüllt sein:

  • Eignung: Es muss als Einsatzfahrzeug geeignet sein.
  • Erforderlichkeit: Das Fahrzeug muss neben den vorhandenen Einsatzfahrzeugen auch tatsächlich dringend zum Einsatz benötigt werden.
  • Einsatzwahrscheinlichkeit und Dringlichkeit: Es muss „tatsächlich und typischerweise“ in Situationen eingesetzt werden, die höchste Eile erfordern und in denen Menschenleben gerettet, schwere gesundheitliche Schäden abgewendet oder bedeutende Sachwerte erhalten werden (hoheitliche Aufgaben).

Ungeeignet sind beispielsweise Sonderfahrzeuge wie Wohnmobile, Fahrzeuge mit Firmenwerbung oder solche, die nicht in alleiniger Verfügungsgewalt des/der Berechtigten stehen.

Blaulicht auf dem Dach eines zivilen Autos.
Privater Pkw: Damit er als Einsatz- bzw. Kommandofahrzeug mitsamt Sondersignalen genutzt werden darf, ist ein Antrag bei der Regierung notwendig (Symbolbild). Foto: © M-Production – stock-adobe.com

Ist ein privates Fahrzeug als Einsatzfahrzeug anerkannt, werden Sondersignalanlagen (Blaulicht und Einsatzhorn) verbaut und in die Fahrzeugpapiere eingetragen. Zudem gibt es eine fachspezifische Mindestausrüstung. In Bayern umfasst diese z. B. geeignete Warnkleidung und eine Fahrzeugfunkanlage. Weitere Mindestvoraussetzungen bzw. bundeslandspezifische Vorgaben sind bei der jeweils zuständigen Regierung zu erfragen.

Für die privaten Einsatz- und Kommandofahrzeuge nicht vorgeschrieben sind erklärende Schilder (z. B. „Feuerwehr“, „Katastrophenschutz“, „Notarzt“ ect.). Die bayerische AH-StVZO empfiehlt aber, ein solches Schild zu nutzen, um die Verbandszugehörigkeit zu kennzeichnen und die Akzeptanz anderer Verkehrsteilnehmender zu erhöhen. Erklärende Schilder dürfen zwar reflektierend gestaltet sein, aber nicht beleuchtet werden (vgl. § 49a Abs. 7 StVZO).

Sarah Altendorfer 

 

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