Premiere: E-Löschfahrzeug für Berlin

2024_06

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Premiere in Berlin: Die Hauptstadtfeuerwehr erhält als erste deutsche Wehr überhaupt ein elektrobetriebenes Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug. Am 28. September 2020 startete die Wehr ein Pilotprojekt, mit dem die E-Mobilität bei den Feuerwehren erprobt werden soll.

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Premiere in Berlin: die Hauptstadtwehr erhält als erste deutsche Wehr ein elektrobetriebenes Einsatzfahrzeug. Foto: Stefan Wagner.

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Ebenfalls eine Premiere ist die neue Anordnung der Sitzplätze quer zur Fahrtrichtung. Foto: Stefan Wagner.

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Auch wenn das Fahrzeug kleiner als seine nicht-elektrobetriebenen Vorgänger ist, so verfügt es über dieselbe Ausstattung. Foto: Stefan Wagner.

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Zum Schutz vor Knie- oder Schienbeinverletzungen sind die Geräteräume außerdem ohne Klapptritte ausgeführt. Foto: Stefan Wagner.

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Eine weitere Besonderheit ist nicht zuletzt die lenkbare Hinterachse. Foto: Stefan Wagner.

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Der Fuhrpark der Feuerwehr Berlin hat Zuwachs erhalten. Am 28. September 2020 präsentierten Landesbranddirektor Dr. Karsten Homrighausen und Berlins Innensenator Andreas Geisel im Beisein des Staatssekretärs für Umwelt und Klimaschutz Stefan Tidow ein einzigartiges Fahrzeug. Denn die Berliner Feuerwehr erprobt in den kommenden Monaten ein elektrobetriebenes Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeug (kurz: eLHF). Zu dieser Premiere kam eine Vielzahl an geladenen Gästen aus ganz Deutschland nach Berlin. Schließlich präsentierte die Berliner Wehr ein deutschlandweit einmaliges Einsatzmittel.

Europäisch gefördert

Das Berliner Programm für Nachhaltige Entwicklung (BENE 1213-B4-N) fördert und finanziert das aktuelle Projekt. Dessen Gesamtvolumen beträgt 1,8 Millionen Euro, wovon 900.000 Euro aus dem Europäischen Fonds für regionale Entwicklung stammen. Karsten Homrighausen zeigte sich begeistert, dass die Hauptstadt-Feuerwehr eine Vorreiterfunktion in Sachen elektronische Antriebe einnimmt. Für ihn ist klar, dass das Fahrzeug die täglichen Einsätze wie die anderen LHF abarbeiten wird, allerdings sauberer und leiser. Dabei betont der Landesbranddirektor, dass vor allem der Umwelt- und Mitarbeiterschutz mit auschlaggebend sind.  Insgesamt zwei Jahre habe die Planung für das eLHF in Anspruch genommen. Schließlich musste sichergestellt werden, dass es genauso verlässlich arbeitet und alle Anforderungen erfüllt, wie die anderen Fahrzeuge der Flotte.

Klimaschonende Einsatzfahrzeuge

Andreas Geisel äußerte, dass für Feuerwehren ein moderner Fuhrpark sowie moderne Einsatzmittel essenziell sind. Seit Herbst 2019 beschaffte Berlin deshalb viele neue Lösch- und Hilfeleistungsfahrzeuge der neuesten Generation. Die Ergänzung durch ein neues, einmaliges Elektro-LHF stellt somit nur einen weiteren Schritt für eine moderne Fahrzeugflotte dar. Dadurch wird die Wehr ein stückweit klima- und umweltfreundlicher. Zugleich treibt sie damit die Forschung und Entwicklung auf dem Gebiet der elektrischen Antriebe für Feuerwehrfahrzeuge voran.

Elektrische Antriebe sind klimaschonend und bereits heute sehr leistungsfähig, zeigte sich auch Stefan Tidow überzeugt. Seiner Meinung nach können und müssen öffentlich finanzierte Fuhrparks zeigen,  dass der Verkehrssektor deutlich mehr zur Reduktion klimaschädlicher Emissionen beitragen kann als bisher.

Premiere des Elektrobetriebs

Das neue eLHF ist ein Pionier seiner Art. Auch wenn die bislang mit Dieselmotoren ausgestatteten LHF der Berliner Feuerwehr formal die aktuell strengsten Anforderungen an den Luftschadstoffausstoß einhalten, so setzt das eLHF neue Maßstäbe. Den Fahr- und Nutzbetrieb elektronisch zu sichern ist ein hochkomplexes Feld der Elektromobilität. Dazu wird der Batteriespeicher in der Bereitschaftszeit des Fahrzeugs auf der Feuerwache über ein Schnellladesystem mit Ökostrom geladen. Diese Ladesysteme weisen eine Ladeleistung von über 100 kW aus. In der Erprobungsphase werden zwei Systeme getestet. Ein erstes System soll an das öffentliche Stromnetz angeschlossen werden. Das Zweite ist mit einem Batteriepuffer ausgestattet. Dieser kann die notwendige Hausanschlussleistung auf bis zu 11 kW reduzieren.

Wie viel Zeit das Laden der Akkus in Anspruch nimmt, ist Gegenstand der Erprobungsphase. Aktuelle Schätzungen gehen aber von einer Dauer von ca. 30 Minuten aus. Die rein elektrische Laufzeit des Akkus beträgt anschließend etwa eine bis eineinhalb Stunden. Zudem weist der Akku eine dieselelektrische Komponente auf, die eine Laufzeit von mehr als vier Stunden garantiert. Dazu wurde ein Reichweitenverlängerer in Form eines Dieselmotors eingebaut. So wird sichergestellt, dass das Fahrzeug auch bei Stromausfall einsatzbereit ist.

Grundsätzlich soll der Batteriespeicher dann die Einsatzfahrten und den Betrieb der gesamten Löschtechnik auf der Einsatzstelle rein elektrisch sicherstellen. Die Reichweite des Fahrzeugs liegt dabei bei über 300 km.  Der Ständige Vertreter des Landesbranddirektors, Karsten Göwecke, erläuterte, wie das neue Fahrzeug auf unterschiedlichen Feuerwachen erprobt wird. Anhand von Einsatzzahlen und Lage wurden die Feuerwachen Schöneberg und Suarez sowie die Lehrrettungswache in Mitte ausgewählt.

Fahrzeugausstattung

Auch die Mannschaftskabine des neuen eLHF ist eine Neuheit. Anders als bei den bisherigen LHF wurden die Sitze der Trupps quer zur Fahrtrichtung angeordnet. Außerdem sind die Einstiege niedriger ausgeführt und die Entladehöhe wurde reduziert. Um Verletzungen im Knie- und Schienbeinbereich vorzubeugen, verfügen die Gerätefächer über keine Klapptritte mehr. Insgesamt ist das Fahrzeug kleiner ausgeführt und hat nur eine Breite von 2,35 m. Dadurch wird es wendiger und kompakt. Aber es beinhaltet dieselbe Ladung wie die nicht-elektrischen LHF. Es verfügt über einen Allradantrieb und die Hinterachse ist ebenfalls lenkbar. Dadurch wird der sogenannte Krebsgang möglich. Der Wendekreis liegt bei 13,5 m. Nicht zuletzt besitzt es auch keine Außenspiegel mehr. Stattdessen ist es mit einer Kameratechnik ausgestattet.

Es führt einen 1.200 l Wasser- und einen 100 l Schaummitteltank mit. Zudem wurde eine Feuerlöschkreiselpumpe FPN 10-2000 sowie eine Druckluftschaumanlage DLS 800 verbaut. Die Anhängerkupplung hat eine Zuglast von 2 t. Neben einem integrierten Lichtmast führt das Fahrzeug noch eine 4-teilige Steck- und eine 3-teilige Schiebleiter auf dem Dach mit.

Der Projektfahrplan sieht vor, dass im Oktober und November 2020 noch Tests mit Rosenbauer stattfinden. Ab Dezember 2020 wird dann die Mannschaft der Feuerwache Mitte auf das Fahrzeug eingewiesen. Im Januar 2021 tritt das Fahrzeug seinen Dienst an und wird dann für jeweils vier Monate auf den drei genannten Wachen stationiert sein. Im Februar 2022 soll das Projekt abgeschlossen werden. Die Erkenntnisse aus den Einsätzen des neuen eLHF werden gesammelt und ausgewertet. Bei erfolgreichem Projektverlauf ist ab dem Jahr 2022 eine deutliche Ausweitung der LHF-Flotte mit Elektro-Antrieben geplant.

Berliner Feuerwehr
Stefan Wagner

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